Donnerstag, 19. Januar 2017

Give Peace a Pence

Foto: Lobomedia-Presse/wikipedia.de
Pax Christi soll ab 
kommenden Jahr
bischöflicherseits kein Geld mehr bekommen. Mit der Initiative gesprochen hat laut einem Zeitungsbericht vorher niemand. Das ist stillos. "Gemeinsam Kirche sein" bedeutet: Ihr seid das Fernsehballett und wir haben die Show.

Von Peter Otten

Sollte in einer nahen Zukunft ein Sprachwissenschaftler die Fieberkurven amtskirchlichen Sprechens untersuchen, würde er in den letzten Jahren vor allem in der Rubrik "gut gemeinte Euphemismen" fündig werden. Sie ist zuletzt beständig nach oben ausgeschlagen: Er würde von "Pastoralen Zukunftswegen" und "gemeinsamen Lernreisen" erfahren, von "synodalen Prozessen", von "neuen Formen gemeinsamer Leitung". Das klingt alles ein bisschen nach der WDR-3-Version von "Together forever", alles ein bisschen "Was-wir-alleine-nicht-schaffen-das-schaffen-wir-dann-zusammen"-mäßig. Das Gemeindeglied, pardon: der Laie ist als wichtige Ressource wiederentdeckt. Haken wir uns unter. Wir sind doch gleicher als du denkst. Charismenorientierung ist das Stichwort (das klingt allerdings dann schon wieder ein bisschen nach Nestle-Aland und nicht nach Xavier Naidoo). Ich bin ok, du bist ok, entdecke, was in dir steckt, du hast deinen Platz in der Kirche nur noch nicht entdeckt (warum eigentlich nicht?), obwohl du das hättest tun können (aber echt!), denn alles, was du brauchst ist bereits in dir (wahlweise auch: hat Gott in dein Herz gelegt / hat der Heilige Geist gebracht - die sieben Gaben und so). Das "wir" ist das neue "ich".

Montag, 16. Januar 2017

Demokratie und Wein

2017 ist Wahljahr. Am Donnerstag habe ich zum ersten Mal in diesem Jahr von meinem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Ich habe einen grünen Umschlag in einen Briefkasten geworfen und mich an der Wahl der grünen Spitzenkandidaten beteiligt. Ein Loblied auf die Demokratie von einem lauen Parteimitglied.


Von Norbert Bauer

Ja ich bin Mitglied der GRÜNEN. Anfang der 80er Jahren habe ich, obwohl noch nicht volljährig und wahlberechtigt, zusammen mit Lehrern, Landwirten und einem Finanzbeamten den Kreisverband Bitburg-Prüm gegründet. Für kurze Zeit war ich sogar Geschäftsführer. Mit 17 habe ich im Cafe Hanebrink in Gerolstein eine Protestveranstaltung gegen eine geplante Wiederaufbereitungsanlage in Rheinlandpfalz durchgeführt. Die technischen Details hatte ich nicht so ganz verstanden, in Physik und Chemie war befriedigend immer meine beste Note. In Reli hatte ich aber eine eins. Das reichte mir damals für politische Letztbegründungen. Die Nuklearanlage wurde dann auch nicht gebaut.
Meine Parteikarriere endete dann jäh als Student in Frankfurt. Der Jutta Ditfurt-Jargon im Ortsverband Frankfurt-Süd verdarb mir meine politische Laune.

Heute bin ich nur ein laues Parteimitglied. Genauso wie der laue Katholik sich vor allem an Weihnachten und Ostern seiner Kirchenzughörigkeit bewusst ist, bin ich es an den Wahltagen. Für mich sind die GRÜNEN auch nicht allein selig machend. Auch außerhalb dieser Partei finden sich „vielfältige Elemente der Wahrheit“ (Lumen Gentium 1,8) Darum verstehe ich mich mit meiner Cousine Petra, die aktive CDU Politikerin ist, bestens und begrüße es, wenn mein Freund und Kollege Peter der SPD beitritt. Ich treffe mich gerne zum Mittagessen mit Johannes, der davon überzeugt ist, dass die Linkspartei die sozialpolitischen Vorstellungen von Papst Franziskus verwirklicht. Und ich war sogar in Elke verliebt, mit der ich Theologie studiert habe, obwohl sie CSU-Mitglied war.

Freitag, 6. Januar 2017

Warum liebe ich den Protestantismus?


Foto: Rudolf Stricker / wikipedia.de
"Ich glaube, es ist wegen der Freiheit; der Freiheit vor Gott im Glauben, der Freiheit der Religion vor dem Staat und der Freiheit des Gewissens vor der Kirche", antwortet Jürgen Moltmann. Dem kann ich mich als Katholik anschließen. Hier gäbe es für die katholische Kirche allerdings Anlass, im Lutherjahr vom Protestantismus zu lernen.

Von Peter Otten

In meiner Jugend im Bergischen Land war der Protestantismus für mich bestenfalls eine Randerscheinung. Zwischen Bergisch Gladbach und Wipperfürth befindet sich eine katholische Landzunge, in der ich groß geworden bin. Der Katholizismus konnte hier auf dem Land noch weitgehend eine große Pracht entfalten: Frühmesse am Sonntag um halb acht, nachmittags Andacht, große Fronleichnamsprozessionen durch die Felder der Umgebung mit geschmückten Hausaltären, „Freudenträne leise fließ“ zur Erstkommunion mit einem Sopran, der sich krächzend in die Höhe wand, hunderte Menschen bei der Gräbersegnung am Allerheiligenfest. In der Rückschau wird natürlich klar, dass diese Pracht auch bereits vor 35 Jahren erste feine oder größere Risse hatte. Protestanten oder „Evangelischen“ begegnete ich damals jedenfalls zunächst eher beiläufig.