Foto: Axel Hopfmann / pixelio.de |
Von Peter Otten
Bevor am Sonntag zwei Männer in der katholischen Kirche heilig gesprochen werden feiert zumindest die literarische Welt heute den 450. Geburtstag des englischen Nationalhelden William Shakespeare. Feine Einblicke in sein Leben und Werk gab heute beispielsweise das Zeitzeichen in WDR 5. Und auf einmal kam das Sonett Nr. 18 in den Sinn, vermutlich eines der bekanntesten, meist übersetzten Klassikers, der die Frage stellt, mit wem ein Liebender seine Angebetete vergleichen soll. Etwa mit einem Sommertag? Und das Herz des Lesers will schon rufen: "Ja, gute Idee, womit denn bitte sonst?" - denn, mal ehrlich: was gibt es schöneres als einen ungetrübten unbeschwerten Sommertag? Aber in der zweiten Zeile bereits wird klar, dass auch dieser einstweilen als größtmöglich gedachte Vergleich nicht trägt. Der Geliebten wird er nicht gerecht. Sie ist "more" wie der Dichter sagt - sie ist mehr, anders: "weit lieblicher" und "weit frischer". Andere Eigenschaften von ihr erfahren wir nicht. Sie ist derart "more / mehr", dass die Hitze des Sommers, der Zahn der Zeit und der Neid des Todes ("Nie soll des neidischen Todes Blick Dich finden" - welch wunderschöne Übersetzung!) ihr nichts anhaben können.
Die Entschiedenheit, die trotz der wunderbar leichten Sprache diesem Gedanken innewohnt, überrascht, wiederspricht sie doch andererseits jeder menschlichen Erfahrung auch wehement. Schönheit vergeht, na klar! Der Dichter aber wirbt so sehr für seinen Gedanken und schmeichelt sich so sehr mit seiner bewegenden Sprache in das Herz des Lesers wegen der überraschenden Pointe am Schluss: das alles wird tatsächlich so sein,
"Denn fort lebst Du in meinem Lied unsterblich."
Nicht jeder Mensch hat einen anderen Menschen, der für ihn singt, wie es vielleicht Shakespeare at his best tat. Wer jedoch das Glück hat, der ist besonders gesegnet. Viele Liebesgeschichten beginnen so und werden so durch die Zeit getragen. Was aber gemeint ist liegt auf der Hand: Es ist die Erinnerung, durch die der der "Neid des Todes" keine Chance hat. Dem Tod bleibt nur der Neid auf die Unsterblichkeit, die er nicht zerstören kann, denn
"So lange Menschen athmen, Augen sehn,
Wirst Du, wie mein Gesang, nicht untergehn."
Der Tod mag sich anschleichen und sein böses Werk tun, letztlich auch an dem geliebten Menschen. Durch die Erinnerung an ihn aber wird er es niemals vollenden können. Es ist der Moment der Erinnerung, an dem die Auferstehung beginnt. Dem Tod bleibt nur der Neid auf das Leben, das er niemals besitzen wird.
Sonett XVIII
Shall I compare thee to a summer's day?
Thou art more lovely and more temperate:
Rough winds do shake the darling buds of May,
And summer's lease hath all too short a date:
Sometime too hot the eye of heaven shines,
And often is his gold complexion dimmed,
And every fair from fair sometime declines,
By chance, or nature's changing course untrimmed:
But thy eternal summer shall not fade,
Nor lose possession of that fair thou ow'st,
Nor shall death brag thou wander'st in his shade,
When in eternal lines to time thou grow'st,
So long as men can breathe, or eyes can see,
So long lives this, and this gives life to thee.
Sonett 18
Soll ich Dich einem Sommertag vergleichen?
Nein, Du bist lieblicher und frischer weit -
Durch Maienblüthen rauhe Winde streichen
Und kurz nur währt des Sommers Herrlichkeit.
Zu feurig oft läßt er sein Auge glühen,
Oft auch verhüllt sich seine goldne Spur,
Und seiner Schönheit Fülle muß verblühen
Im nimmerruh'nden Wechsel der Natur.
Nie aber soll Dein ewiger Sommer schwinden,
Die Zeit wird Deiner Schönheit nicht verderblich,
Nie soll des neidischen Todes Blick Dich finden,
Denn fort lebst Du in meinem Lied unsterblich.
So lange Menschen athmen, Augen sehn,
Wirst Du, wie mein Gesang, nicht untergehn.
Übersetzt von Friedrich Bodenstedt (1866)
Soll ich Dich einem Sommertag vergleichen?
Nein, Du bist lieblicher und frischer weit -
Durch Maienblüthen rauhe Winde streichen
Und kurz nur währt des Sommers Herrlichkeit.
Zu feurig oft läßt er sein Auge glühen,
Oft auch verhüllt sich seine goldne Spur,
Und seiner Schönheit Fülle muß verblühen
Im nimmerruh'nden Wechsel der Natur.
Nie aber soll Dein ewiger Sommer schwinden,
Die Zeit wird Deiner Schönheit nicht verderblich,
Nie soll des neidischen Todes Blick Dich finden,
Denn fort lebst Du in meinem Lied unsterblich.
So lange Menschen athmen, Augen sehn,
Wirst Du, wie mein Gesang, nicht untergehn.
Übersetzt von Friedrich Bodenstedt (1866)
Sonett 18
Soll ich Dich einem Sommertag vergleichen?
Nein, Du bist lieblicher und frischer weit -
Durch Maienblüthen rauhe Winde streichen
Und kurz nur währt des Sommers Herrlichkeit.
Zu feurig oft läßt er sein Auge glühen,
Oft auch verhüllt sich seine goldne Spur,
Und seiner Schönheit Fülle muß verblühen
Im nimmerruh'nden Wechsel der Natur.
Nie aber soll Dein ewiger Sommer schwinden,
Die Zeit wird Deiner Schönheit nicht verderblich,
Nie soll des neidischen Todes Blick Dich finden,
Denn fort lebst Du in meinem Lied unsterblich.
So lange Menschen athmen, Augen sehn,
Wirst Du, wie mein Gesang, nicht untergehn.
Übersetzt von Friedrich Bodenstedt (1866)
Sonett 18
Soll ich Dich einem Sommertag vergleichen?
Nein, Du bist lieblicher und frischer weit -
Durch Maienblüthen rauhe Winde streichen
Und kurz nur währt des Sommers Herrlichkeit.
Zu feurig oft läßt er sein Auge glühen,
Oft auch verhüllt sich seine goldne Spur,
Und seiner Schönheit Fülle muß verblühen
Im nimmerruh'nden Wechsel der Natur.
Nie aber soll Dein ewiger Sommer schwinden,
Die Zeit wird Deiner Schönheit nicht verderblich,
Nie soll des neidischen Todes Blick Dich finden,
Denn fort lebst Du in meinem Lied unsterblich.
So lange Menschen athmen, Augen sehn,
Wirst Du, wie mein Gesang, nicht untergehn.
Übersetzt von Friedrich Bodenstedt (1866)
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