Samstag, 15. Februar 2020

Jesus hätte gebügelt

Leider kam der Papst nicht bis in die Eifel. Sonst hätte er wie ich eine wichtige Erfahrung machen können. Männer und Frauen sind gleich.

Von Norbert Bauer


Ich habe von meinen Eltern viel gelernt. Auch im Haushalt. Kochen und bügeln kann ich noch heute. Stricken nicht mehr. Hinter all den gelernten Fähigkeiten liegt aber eine grundsätzliche Erfahrung, die ich damals machen konnte: Gemeinschaftliche Aufgaben wurden gerecht verteilt. Jedes Familienmitglied leistete einen Beitrag. Kriterien dafür waren Kompetenz, Neigung und auch Lust. Entscheidend war nie das Geschlecht. Wenn Jesus bei uns in der Eifel groß geworden wäre, hätte er auch bügeln gelernt. Ich hatte das Glück, schon als Heranwachsender erleben zu dürfen: Rollen werden ausgehandelt, nicht bestimmt. Papst Franziskus offensichtlich nicht. Er bestimmt weiterhin als Mann, was das andere Geschlecht tut. „Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise.“(Querida Amazonia 101) Als Indikativ formuliert, aber als Imperativ gemeint.„Kraft und Zärtlichkeit“ klingt zwar eine wie eine Neuübersetzung von Graham Greene, ist aber weiterhin das katholische Alleinstellungsmerkmal für Frauen.
Gerne würde ich solche Aussagen mit gelassener Ironie begegnen, auch dank der Erfahrung, dass es meiner katholischen Familie in der Eifel schon vor 50 Jahren gelungen ist, päpstliche Rollenmuster links liegen zu lassen. Ich kann auch gut verstehen, wenn Maria 2.0 „Querida Amazonia“ als Ermutigung zur Selbstermächtigung liest. Dabei kann aber nicht ignoriert werden, dass in vielen Ländern und Regionen dieser Welt, Frauen kaum eine Chance haben, selbst darüber zu bestimmen, welchen Beitrag sie in Gesellschaft und Familie gerne leisten wollen.
Der Papst verlangt mit seinem Schreiben weiterhin wieder die katholische Kompetenz der kognitiven Dissonanz.

Im Jahr 2015 haben die Vereinten Nationen die Agenda 2030 verabschiedet. Mit 17 Zielen soll die Nachhaltigkeit weltweit ermöglicht werden. Der Vatikan unterstützt diese Agenda ausdrücklich. Ziel 5 lautet: „Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen.“ Wie will Papst Franziskus das Ziel der gesellschaftlichen Gleichstellung der Geschlechter glaubhaft unterstützen, wenn er gleichzeitig weiterhin den Frauen in der Kirche sagt, was sie grundsätzlich nicht können? Wie glaubhaft ist seine Klage über die „schweren Menschenrechtsverletzungen vor allen gegenüber Frauen“(QA 14), wenn er das Menchenrecht auf Selbstbestimmung in den eigenen Reihen unterläuft. Wie überzeugend ist seine im nachsynodalen Schreiben formulierte „soziale Vision“, wenn er die Beobachtung der kirchlichen Entwicklungshilfeorganisationen ignoriert, dass der Kampf gegen Armut besonders dann effektiv ist, wenn Frauen den gleichen Zugang zu produktiven Ressourcen bekommen wie Männer?
Diese Beispiele lassen erahnen, dass päpstliche Rollenzuschreibungen nicht nur ein innerkirchliches Problem sind. Sie haben Auswirkungen auf die weltweiten, auch durch die katholischen Hilfswerke unterstützten Kämpfe von Frauen um gleiche Rechte. Diese Kämpfe sind notwendig, denn in vielen Teilen der Welt, aber auch in Deutschland ist noch lange nicht verwirklicht, was ich vor vielen Jahren in einem kleinen Dorf in der Südeifel als selbstverständlich erleben durfte: Männer und Frauen sind gleich.










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