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kommenden Jahr
bischöflicherseits kein Geld mehr bekommen. Mit der Initiative gesprochen hat laut einem Zeitungsbericht vorher niemand. Das ist stillos. "Gemeinsam Kirche sein" bedeutet: Ihr seid das Fernsehballett und wir haben die Show.
Von Peter Otten
Sollte in einer nahen Zukunft ein Sprachwissenschaftler die Fieberkurven amtskirchlichen Sprechens untersuchen, würde er in den letzten Jahren vor allem in der Rubrik "gut gemeinte Euphemismen" fündig werden. Sie ist zuletzt beständig nach oben ausgeschlagen: Er würde von "Pastoralen Zukunftswegen" und "gemeinsamen Lernreisen" erfahren, von "synodalen Prozessen", von "neuen Formen gemeinsamer Leitung". Das klingt alles ein bisschen nach der WDR-3-Version von "Together forever", alles ein bisschen "Was-wir-alleine-nicht-schaffen-das-schaffen-wir-dann-zusammen"-mäßig. Das Gemeindeglied, pardon: der Laie ist als wichtige Ressource wiederentdeckt. Haken wir uns unter. Wir sind doch gleicher als du denkst. Charismenorientierung ist das Stichwort (das klingt allerdings dann schon wieder ein bisschen nach Nestle-Aland und nicht nach Xavier Naidoo). Ich bin ok, du bist ok, entdecke, was in dir steckt, du hast deinen Platz in der Kirche nur noch nicht entdeckt (warum eigentlich nicht?), obwohl du das hättest tun können (aber echt!), denn alles, was du brauchst ist bereits in dir (wahlweise auch: hat Gott in dein Herz gelegt / hat der Heilige Geist gebracht - die sieben Gaben und so). Das "wir" ist das neue "ich".
Vorgestern nun wurde bekannt, dass der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) ab kommendem Jahr der katholischen Friedensbewegung Pax Christi die Zuschüsse streichen werde. Matthias Drobinski berichtet, dabei handle es sich um 60.000 Euro, was 20 % des Gesamtetats von Pax Christi entspreche. Drobinski zitiert aus einem Schreiben des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx an die Bundesvorsitzende Wiltrud Rösch-Metzler, er wolle "keine Hoffnung auf eine Änderung der von den deutschen Bischöfen getroffenen Entscheidung machen"; die Bemühungen der katholischen Friedensfreunde sollten sich "darauf konzentrieren, alternative Einnahmequellen zu erschließen". Eine Arbeitsgruppe von vier Generalvikaren, vier Bischöfen und einer Unternehmensberatung habe den 120-Millionen-Euro-Etat des VDD durchforstet und dabei drei Kategorien des finanziellen Engagements gefunden, so Drobinski: erstens "wichtig", zweitens "der Prüfung bedürftig" und zuletzt "unwichtig." Pax Christi in der Kategorie C gelandet - es könne in Zukunft wegfallen, wie auch das Frauenmissionswerk oder der wissenschaftliche Dienst.
Jetzt könnte man einwenden: Pax Christi, na gut, das klingt ein bisschen nach Hannes Wader und Heinrich Böll. Sind das nicht die mit selbstgedrehten Zigaretten und Baskenmützen? Rauchen ist eh Mist und das Baskenland findest du auch auf keiner Landkarte mehr. Also bitte. Halt mal den Qualm an. Aber es geht um etwas anderes. Die Weihnachtspredigten vom Frie-hie-den auf E-her-den sind noch nicht ganz verhallt. Am Freitag wird Donald Trump inauguriert, Theresa May dockt mit der MS UK gerade von der EU ab, im Südosten ist Bürgerkrieg in Syrien, im Osten Krieg in der Ukraine. Da sollte jeder, der sich für den Frieden einsetzt, Gewaltfreiheit lehrt und lernt, für den Frieden betet eigentlich mit Gold aufgewogen werden (ob er nun eine Baskenmütze trägt oder nicht). In dieser Situation das Engagement von Pax Christi als "kann wegfallen" zu kategorisieren ist schlicht stillos. Mit ihnen nicht zu reden noch mehr. Denn es geht um noch etwas anderes: Zunächst sollen grundsätzlich die sog. Laien (wahlweise auch: TrägerInnen der Taufwürde oder auch Taufgnade / Geistbegabte / du-bist-ok-Menschen) den Laden retten (siehe oben) und fortan alles selber machen. Nun sollen sie sich die Kohle auch noch selbst besorgen: Denn die Bemühungen der katholischen Friedensfreunde sollten sich "darauf konzentrieren, alternative Einnahmequellen zu erschließen", gibt Kardinal Marx den Friedensfreunden mit auf den Weg. Das klingt jetzt sehr nach "Give peace a pence" oder nach der Vereinbarkeit von "Bete und Knete". Vermutlich ganz nach dem Wunsch der Unternehmensberatung, die Teil der Arbeitsgruppe von vier Bischöfen und vier Generalvikaren gewesen sein soll.
Am 1. August 2015 veröffentlichten die Bischöfe ihr gemeinsames Wort "Gemeinsam Kirche sein" (neun Exemplare kostenlos, ab dem zehnten 0,21 Euro das Stück. Es gibt sogar eine eigene Internetseite dazu.) Die ersten Sätze im Vorwort gehen so: "Gemeinsam Kirche sein“– das ist der Wunsch vieler Menschen in unserer Kirche für die Kirche. Sie wünschen eine verstärkte Kommunikation nach innen und nach außen, eine echte Teilhabe an den Nöten und Sorgen der Menschen - vor allem derer, die am Rande stehen – und eine möglichst große Beteiligung vieler an der Gestaltung des kirchlichen Lebens." Und so weiter und so weiter. Das wird mal eine Fundgrube für Spracharchäologen. "Together forever and never to part / Together forever we two / And don't you know / I would move Heaven and earth / To be together forever with you." (Sorry für Rick Astley an dieser Stelle, aber ich habe mir gerade vorgestellt, die Bischöfe würden das in einer GEMEINSAMEN Choreo mit sog. Laien performen ... wie g***l wäre das!).
"Gemeinsam Glauben ist okay. Let´s do the Choreo. Together forever." Wie die Kohle verteilt wird, das bestimmen wir auch gemeinsam (- aber, ähm, sorry, backstage unter uns, du verstehst. Du hörst dann von uns). Kann man so machen. Ist aber Mist. Macht euch einfach ehrlich: Als Fernsehballett sind die sog. Laien (wahlweise auch: TrägerInnen der Taufwürde oder auch Taufgnade / Geistbegabte / du-bist-ok-Menschen, s.o.) für den Hintergrund super, die Show ist aber uns. Und verschont uns mit dem "Gemeinsam-Kirche-Sein"-Geklimper. Bitte. Danke.
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