Mittwoch, 8. April 2015

Kirschen


Screenshot: Peter Otten
Es ist schön, wenn Hoffnung mal ein scheues Gefühl bleiben darf. Über ein Erlebnis am Gründonnerstag.

Von Peter Otten

Zugegeben: Ich habe von Nils Koppruch bis vor ein paar Monaten nichts gewusst. Er war ein Maler, vor allem aber auch ein Musiker, ein begnadeter Singer und Songwriter aus Hamburg. War – denn er ist vor fast drei Jahren gestorben, Herzmuskelentzündung. Da war er erst 46 Jahre alt. Wer im Internet nach Fotos googelt, blickt in zurückhaltende, freundliche und ein wenig unergründliche Augen hinter einem dunklen Vorhang von Haaren.

Samstag, 4. April 2015

Der Tag, an dem wir erwachsen werden



Foto: Peter Otten
Wer vor der Gewalt und ihrem Schrecken nicht ausweicht, wird erwachsen. 

Karfreitagsgedanken von
Peter Otten


1. Der Tag der Gewalt

Heute machen Christinnen und Christen etwas Merkwürdiges. Sie erheben einen Tag zu einem Feiertag, an dem es um Gewalt geht. Um Verrat, um Folter, um ein ungerechtes Urteil, um Verhöhnung, um ein unfassbar grausames Sterben. Was gibt es an der Gewalt, an dessen Ende der Tod steht zu feiern? Ist das nicht ein zutiefst zynisches Spiel?

Wir Christen wissen, dass der Evangelist Johannes sein Evangelium und somit auch die Passion Jesu aus der Erfahrung von Ostern geschrieben hat. Die Evangelien enden mit den Geschichten, wie der Auferstandene seinen Jüngerinnen und Jüngern in ihrer tiefen Trauer und inmitten ihres Gefühl völliger Aussichtslosigkeit begegnet. Ihnen gar hinterher geht, sie dort aufsucht, wo sie das, was sie nicht erklären können zu verarbeiten versuchen. Das ist die Perspektive der Evagelisten, die sie zu unserer Perspektive machen möchten: am Ende wird alles gut; rätselhaft zwar und ein bisschen wunderlich und völlig anders als vorher, aber es wird alles gut.

Das ist die Perspektive von gläubigen Menschen, und sie kann die Menschen, die sie anzunehmen vermögen das, was wir heute gehört haben erträglich machen und trösten. Das ist nicht wenig, Erträglichkeit und Trost. Es kann die Gewalt des Karfreitags und seinen Schrecken zu einer Hoffnungsbotschaft machen. Das ist sehr viel, unerwartet viel. Aber wir sollten uns nicht vorschnell damit zufrieden geben, das Karfreitag und Ostern, die Gewalt und das Ende der Gewalt, der Schrecken und der Sieg über den Schrecken zusammen gehören. Es kann zu einer zynischen Schieflage führen: die Gewalt des Karfreitags wäre dann eine Art zu akzeptierender Bodensatz auf dem Weg in die Herrlichkeit des Osterfestes. Der Mensch bräuchte dann die Dunkelheit, das Abgründige, damit sich das Helle von ihr um so grandioser absetzen kann. Es geht am Ende gut aus. Aber rechtfertigt das Gute die Gewalt? Wir Christen glauben ja, dass mit Tod und Auferstehung die Erlösung kommt. Aber Erlösung kommt in der Spur der Gewalt daher. Darüber ist nicht leicht hinwegzugehen.

Freitag, 3. April 2015

Lobhudelei Gottes

Eine Lobhudelei Gottes wird
Wolke des Nichtwisssens © www.SebastianLinnerz.de
weder Gott noch dem 
Menschen gerecht.


Karfreitagsgedanken 2015

Von Norbert Bauer


„Deinen Tod o Herr verkünden wir und Deine Auferstehung preisen wir – bis Du kommst in Herrlichkeit.“ Jeden Tag ist dieses Geheimnis des Glaubens in den katholischen Kirchen zu hören. Nur einmal im Jahr nicht – dann wird nur der Tod verkündet. Am Karfreitag. Der Karfreitag ist dem Tod vorbehalten. Von Auferstehung ist an diesem Tag (so gut wie) nicht die Rede.


Der Karfreitag ist der Versuch die Radikalität des Todes ernst zu nehmen. Deswegen wird an diesem Tag auch keine Eucharistie gefeiert – sondern nur ein karger Wortgottesdienst ohne Orgel, ohne Blumen, mit leerem Tabernakel. Das Drama des Todes soll sinnlich wahrnehmbar sein. Wie schwer es aber ist, die Radikalität des Todes auch nur einen Tag durchzuhalten ist ebenso erkennbar: die Liturgie schließt nach der Kreuzverehrung mit dem Kommunionempfang – als Zeichen der Erlösung und des Lebens.
 

Ende letzen Jahres habe ich ein beeindruckendes literarisches Dokument für die gleichzeitige und zugleich gegensätzliche Erfahrung von Tod und Auferstehung gelesen. Steven Uhly erzählt in seinem aktuellen Roman „Königreich der Dämmerung“ von den Erfahrungen der Menschen in Deutschland nach 1945. Eine Szene spielt auf dem Bahnhof Friedland. Die Heimkehrer aus der russischen Gefangenschaft werden dort von ihren Angehörigen erwartet. Auch Maria steht da. Sie wartet auf ihren Vater.