Donnerstag, 12. März 2015

Die Verhältnisse zum Tanzen zwingen?

 „Mein Papst“ heißt eine neue Zeitung, die nächste Woche am Kiosk liegen wird. Mit Deko-Tipps. Vielleicht ist der Papst selbst schon eine Dekorationsfigur für alle möglichen Projektionen und Hoffnungen.

©Verlag
Von Norbert Bauer

Deshalb muss und sollte sich Franziskus der Unterstützung aller Reformkräfte sicher sein können.“ Ende Dezember hatte die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ für das Jahr 2015 noch diese Parole ausgegeben. Aber nicht alle haben auf dieses Signal gehört. Auch die FAZ nicht, die in der letzten Sonntagsausgabe viel Platz für Papstkritik einräumte. Die Zeitung für kluge Köpfe stellt sich aber gewiss nicht in der Ecke der Reformkräfte, zumindest nicht bei der Frauenfrage. Hier ist sie gut römisch-katholisch. Vor kurzem war einer der Herausgeberplätze der FAZ neu zu besetzen. Jürgen Kaube darf jetzt den Frankfurter Männerkranz ergänzen. Warum sollten auch im Kreis der Herausgeber Frauen sitzen. Im Domkapitel sitzen ja auch keine Frauen. Bei bei der Vesper zur Amtsübergabe des Generalvikars im Kölner Dom agierten ebenfalls nur Männer im Altarraum. Aber die hatten zumindest lange Kleider an.

Markus Günther, angeblich einer der „wenigen profilierten, katholischen und meinungsstarken Publizisten im Lande“ ist im Moment der Mann bei der FAZ, der für die Generalabrechnungen mit der Kirche zuständig ist. Im Dezember stellte er der deutschen Kirche noch ein miserables Zeugnis aus und verglich sie mit der untergehenden DDR. Schuld daran sei vor allem die „moderne Theologie“, die den Menschen die schönen Bilder genommen hat und nur noch in abstrakten Begriffen denkt. Nach dieser Analyse wundert es schon, dass er sich jetzt auch an Papst Franziskus abarbeitet. Der ist doch gerade für seine bildhafte Theologie bekannt. Gerne malt er den aus der zeitgenössischen Religionspädagogik verbannten Teufel in grellen Farben an die Wand. Aber das reicht nicht, um bei Günther Anerkennung zu finden. Ganz im Gegenteil, der Papst weiß gar nicht was sich für einen Papst gehört. „Der Eigensinn des Argentiniers zeigt sich auch darin, dass der Papst über einen erheblichen Teil seiner Zeit, vor allem an den Nachmittagen, komplett selbst verfügt.“ Das irritiert natürlich den Freund des gepflegten Papsttums. Erst versetzt sich ein Papst in den vorzeitigen Ruhestand und dann ist sein Nachfolger nur noch eine Teilzeitkraft. Dabei war noch nie so viel Papst wie heute. Mein hier schon einmal formulierter Wunsch nach ‚weniger Papst’ ging leider nicht in Erfüllung. Alle starren weiterhin auf den Papst. Katholische Wochenzeitungen kommen nicht ohne regelmäßige Papst-Kolumne aus, im Theosalon war der Papst auch schon oft zu Gast und demnächst liegt „Mein Papst“ zwischen „Closer“ und „in touch“ als People Magazin am Kiosk aus. Natürlich mit Deko-Tipps. Vielleicht ist der Papst aber selbst die Deko-Figur für die unterschiedlichsten Hoffnungen und Projektionen. Während Papst Franziskus den Neokatechumenalen Weg als „großes Gut für die Kirche“ lobt, beschwört Christian Weisner weiterhin den Korpsgeist der Reform. Ein Papst für alle Fälle. Er hat aber noch viel vor, weiß zumindest Kardinal Marx, der den Papst nicht nur aus der Zeitung kennt. "Dieser Papst möchte die Verhältnisse zum Tanzen bringen"* ist sich der Kardinal aus München gewiss, und damit meint Marx gewiss nicht den liturgischen Ausdruckstanz. Da Marx sich ja nicht scheut, von Revolution zu sprechen, sieht er Papst Franziskus eher in der Tradition seines Namensvetter Karls:Man muß diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, daß man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!“ Aber ganz so heiß wird der revolutionäre Tanz mit dem Heiligen Vater nicht werden, denn -  so warnt der Papstberater mit Blick auf die Familiensynode - man solle nur keine zu hohen Erwartungen haben, aber „ein Weg ist beschritten, eine Debatte hat begonnen.“* Na dann.


 *  Matthias Drobinski/Oliver Meiler, Mensch Papst, Süddeutsche Zeitung 10. März 2015, 3

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