Robert H. Benson. Quelle: wikipedia.de |
Papst
Franziskus hat bei seiner Asienreise mit den Philippinen ein durch und durch
katholisch geprägtes Land besichtigt. Es wurde klar, dass ein solches Land ziemlich nach seinem
Geschmack ist. Dem westlichen Gedanken der individuellen Freiheit steht er
skeptischer gegenüber als seine Gesten, sein Witz und seine Freundlichkeit
vermuten lassen. Darin unterscheidet er sich wenig von seinem Amtsvorgänger
Benedikt XVI. Das sollte denen, die auf Reformen in der Kirche hoffen zu denken
geben.
Von Peter Otten
Auch in Sri
Lanka und Philippinen gelang es dem Papst, seine Stärke auszuspielen: starke
Gesten und Bilder zu setzen. Franziskus, vom Regen durchnässt in einem dünnen
gelben Regenschutz gewickelt. Franziskus in einem Armenviertel. Der Papst mit
Kindern auf dem Arm. Der Papst auf den Spuren des verheerenden Taifuns, der vor
knapp einem Jahr Teile des Landes zerstört und vielen tausend Menschen das
Leben gekostet hatte. Wie immer traf er
sich voll echter Empathie mit den betroffenen Menschen, aß und trank mit ihnen,
tröstete sie.
Allerdings
ließen auf seiner Reise nicht nur seine Gesten, sondern auch seine Worte
aufhorchen. Den mitreisenden Journalisten empfahl Franziskus ausdrücklich die
Lektüre des Romans „Der Herr der Welt“ von Robert Hugh Benson, den der zum
Katholizismus konvertierte Priester im
Jahr 1907 veröffentlichte. Bensons apokalyptischer Thriller gibt einen kruden
Einblick in den weltanschaulichen
Abwehrkampf der katholischen Kirche des 19. Jahrhunderts gegen eine damals „modernistisch“
– also liberalistisch, wissenschaftsgläubig und antikatholisch - empfundene
Welt.
Ist Franziskus ein Gegner der Moderne? Jedenfalls ist ihm Schwarz-Weiß-Denken
nicht fremd. Er zeigt ein großes Misstrauen gegenüber der Welt, auch gegenüber
ihren offenen freiheitlichen Gesellschaften und verteidigt seine Kirche als
zeitloses alternatives Sinnsystem. Zwei Beispiele: Indem der Papst die „Würde
der Religion“ verteidigt und die Grenze der Meinungsfreiheit dort sieht, wo sie
verletzt wird, steht dahinter auch ein Misstrauen gegenüber der freiheitlichen
staatlichen Rechtsordnung, die die Würde und die Freiheit des Individuums
verteidigt, was eigentlich der christlichere Gedanke ist. Außerdem sprach der Papst in seiner Pressekonferenz, als sein
Flugzeug gerade über China flog Tacheles über die Gendertheorie. Gender, also
das Nachdenken über Geschlechterrollen auch über rein biologische Festlegungen
hinaus auch in Ländern Afrikas und Asiens bezeichnete er als „ideologische
Kolonialisierung“: „Sie kommen mit einer Idee zu einem Volk, die mit dem Volk
nichts zu tun hat“, sagte er. „Und sie kolonisieren das Volk mit einer Idee,
die eine Mentalität oder eine Struktur verändern möchte.“ Das hätten die
Diktaturen des 20. Jahrhunderts auch gemacht, „denkt an die Hitlerjugend“, so
der Papst wörtlich. Deutlicher kann man sein tiefes Misstrauen gegenüber
freiheitlichen Gesellschaftsordnungen nicht ausdrücken. Als Alternative
verteidigte der Papst folgerichtig auch auf den Philippinen das geschlossene
kirchliche Lehrsystem – vor allem in Fragen der Sexualmoral: Ablehnung der
Homo-Ehe, die die Familien zerstöre, das Festhalten am Verbot der künstlichen
Empfängnisverhütung, kein Sex vor der Ehe. Das alles sagte Franziskus in einem
Land, in der die katholische Kirche immer noch die zivile Ehescheidung
verhindert.
Was bleibt also
außer medienwirksamen Gesten und radikaler Kapitalismuskritik? Die
Katholikinnen und Katholiken, die auf Reformen innerhalb ihrer Kirche hoffen
und manches davon schon am Horizont aufleuchten sehen sollten lieber zwei Mal
hinsehen: Einstweilen und auf lange Sicht bestimmt der Papst, was sie unter der
Freiheit des Glaubens zu verstehen haben. Auch wenn der Papst Franziskus heißt.
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