Theosaolon findet die Synode in Rom auch super. Vor allem weil Papst Franziskus nicht nur von Barmherzigkeit spricht, sondern gleich exemplarisch handelt. Das zeigt die Seligsprechung von Papst Paul VI.
Von Norbert Bauer
Ab und zu wird uns vorgehalten, allzu nörgelnd die kirchlichen Entwicklungen zu begleiten. Damit wird jetzt Schluss sein. Die Synode in Rom hat uns eines Besseren belehrt. Vor allem finden wir gut, dass der Papst mit den Kardinälen und Bischöfen nicht nur von Barmherzigkeit redet, sondern sie auch gleich Wirklichkeit werden lässt. Gleich zu Ende der Synode setzen sie ein Beispiel: Papst Paul VI. wird seliggesprochen. Ein wahrer Akt der Barmherzigkeit. Das ist so ähnlich als würde ein Spieler, der in der 90. Minute bei eigener 1:0 Führung den Ball unbedrängt ins eigene Tor schießt, anschließend zum „man of he match“ erklärt, nachdem das Spiel in der Verlängerung dann doch noch verloren wurde. Zu Erinnerung: Paul VI. war der Papst, der gegen die Mehrheit beratender Theologen und Bischöfe in der Enzyklika Humanae Vitae den ehelichen Geschlechtsverkehr ausschließlich für Fortpflanzungszwecke reservierte. Vielleicht wird der eine oder andere Synodenteilnehmer denken, den ganzen Stress müssen wir uns nur antun, weil Papst Paul VI unbedingt Pillen-Paul sein wollte. In einer anderen Organisation würde ein ehemaliger Chef mit so einer Wirkungsgeschichte nur als Fußnote in der Chronik auftauchen. Die Katholische Kirche ist da anders. Sie ist barmherzig und ehrt so eine Geschichte mit einer Seligsprechung.
So eine Ehrung lädt natürlich noch einmal dazu ein in dieses Erfolgsdokument hinzuschauen: „Man weist ja mit Recht darauf hin, daß ein dem Partner aufgenötigter Verkehr, der weder auf sein Befinden noch auf seine berechtigten Wünsche Rücksicht nimmt, kein wahrer Akt der Liebe ist, daß solche Handlungsweise vielmehr dem widerspricht, was mit Recht die sittliche Ordnung für das Verhältnis der beiden Gatten zueinander verlangt. Ebenso muß man dann auch, wenn man darüber nachdenkt, zugeben: Ein Akt gegenseitiger Liebe widerspricht dem göttlichen Plan, nach dem die Ehe entworfen ist, und dem Willen des ersten Urhebers menschlichen Lebens, wenn er der vom Schöpfergott in ihn nach besonderen Gesetzen hineingelegten Eignung, zur Weckung neuen Lebens beizutragen, abträglich ist.“ (Humane Vitae 13) Zusammengefasst: genauso wie Vergewaltigung widerspricht Verhütung dem Willem Gottes. Was für ein Vergleich. Und was für eine poetische Sprache. Schade dass der Literaturnobelpreis schon vergeben ist.
Aber wir wollen ja dieses Mal das Positive hervorheben. Und das fällt uns bei so einer Synode natürlich leicht. Auch wir können es nur großartig finden, dass jetzt in Rom „freies Sprechen und respektvolles Anhören anderer Meinungen“ (Kardinal Forte) möglich ist, dass auch Ehepaare in der Synodenaula sitzen dürfen, und dass allen die Erlaubnis erteilt wurde, das zu sagen was sie denken. Wir sind auch optimistisch, dass beim nächsten Mal zusätzlich geschiedene Menschen eingeladen werden, und vielleicht sogar bekennend schwule Männer. Dann wird auch mit ihnen gesprochen und nicht nur über sie. Aber bei aller Begeisterung für den römischen Frühling in Oktober: wir würden dann doch nicht so weit gehen wie Gesine Schwan, die etwas voreilig von einer Revolution spricht. Als Politikwissenschaftlerin müsste sie doch wissen, dass bei einer Revolution die Mächtigen vom Thron gestürzt werden, bei der Synode die Mächtigen aber versuchen, nicht auch noch den letzten Rest ihrer Autorität zu verlieren. Nur nebenbei: wer das ansonsten so kluge Interview mit Gesine Schwan liest, weiß dass das Bundespräsidentenamt mit ihr besser besetzt wäre als mit dem obersten Militärpfarrer.
Aber wir wollten ja das Positive benennen, genauso wie die Synode, die ja neuerdings nicht mehr so sehr die Defizite betont. Wurde im Vorfeld der Synode noch von „irregulären Situationen“ gesprochen, werden plötzlich die „positive aspects of civil unions and cohabitation“ (Relatio 36) erkannt. Positiv wird auch auf gleichgeschlechtliche Liebe geschaut: "Homosexuals have gifts and qualities to offer to the Christian community" (Relati0 50)
Bei allen ressourcenorientierten Blicken auf das menschliche Beziehungsgefüge, und jetzt droht doch etwas Skepsis bei uns aufzutauchen, wird die Kirche auch nach der Synode nicht ihre Deutungshoheit über die Menschen und ihre Lebensweise in Frage stellen. Bei Humanae Vitae hat die Kirche ihre Rolle als „Mutter und Lehrmeisterin aller Völker“ (Humanae Vitae 19) klar dargelegt: „Die Kirche kann sich ja zu den Menschen nicht anders verhalten als unser göttlicher Erlöser: sie kennt die Schwachheit der Menschen, sie hat Erbarmen mit den Scharen, sie nimmt sich der Sünder an; sie muß aber jenes Gesetz lehren, das wirklich das Gesetz des menschlichen Lebens ist.“(Humanae Vitae) So offensiv vertreten die Synodenväter im Zwischenbericht ihren Anspruch nicht mehr. Sie halten sich aber weiterhin vor, die Liebesbeziehungen der Menschen zu bewerten. Ganz in der Facebook-Generation angekommen wird die Kirche weiterhin diejenige sein, die den Daumen hebt oder senkt: „the distinction between state of sin, state of grace and the attenuating circumstances“ (Relatio 47) wird weiterhin von ihr definiert. Zukünftig vielleicht nicht mehr pauschal, sondern von Fall zu Fall. Eine Einzelfallregelung ist gegenüber dem Status Quo gewiss ein Fortschritt sein. Aber so lange das kirchliche Lehramt meint, aufgrund eines exklusiven Zugangs zum Naturrechts, ihre „inhaltliche Vorstellung des ontologisch ausgezeichneten guten Lebens“ (Jürgen Habermas) verbindlich für alle vorlegen zu können, werden sich die Kardinäle noch oft in Rom zu synodalen Beratungen treffen müssen. Aber dort, und somit endet dieser Beitrag doch noch positiv, soll es ja ausgesprochen schön sein.
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