Quelle: wikipedia.de |
Von Peter Otten
Fast schon leid kann er einem langsam tun, der Papst: "Papst Franziskus hätte den Friedensnobelpreis auch verdient gehabt", schreibt Holger Dörnemann in seinem blog zur Familiensynode. "Frieden hat nach alter Lehre die Eigenschaft Gemeinschaft zu bewirken: Gemeinschaft durch Ausgleich verschiedener Interessen, aber vor allem durch eine Einung vermittelnde Haltung, die in der Liebe gründet und sie ausdrückt." Und er verweist auf die vielen Termine von Franziskus, bei denen er allein in dieser Woche vermittelnd in Friedensdingen unterwes sei - ob es nun Krisenregionen der Welt beträfen oder der Streit zwischen christlichen Konfessionen.
Und der große franziskanische Frieden scheint nun auch in der Familiensynode eingezogen zu sein. Von einem 'Krieg der Theologen' sei nichts mehr wahrzunehmen und alles sei "einer konstruktiven Atmosphäre gewichen (...), in der unter den Synodalen „kontrovers debattiert, ohne Polemik und respektvoll, aber durchaus klar und deutlich“ miteinander gesprochen" werde. Der Begriff "irreguäre Beziehungen" (damit gemeint ist Sex außerhalb der katholischen Ehe) finde sich nicht mehr in der Tageszusammenfassung der Synode , stattdessen werde "darauf Wert gelegt, dass es im Blick auf wiederverheiratet Geschiedene „wichtig ist, mit höchster Aufmerksamkeit zu vermeiden, kein moralisches Urteil oder von einem 'Verharren in einer Sünde' zu sprechen...“ Und die Bischöfe sprechen doch tatsächlich ein Wort aus, was sie offensichtlich bislang noch nie ohne Mundumspülen ausgesprochen haben: Sexualität! Das Wort stehe wahrhaftig unter den Top 5 aller Synodenbegriffe. Dörnemann kommt zu dem Schluss: "Die neue Sprache, die mehr ist als nur ein Ton, macht die Musik, ja lässt eine völlige Neukomposition erahnen, die sich nicht einfach an einem Nachmittag schreiben, komponieren oder auch schon konzertieren könnte." Und wer hat das fertig gebracht? Der Papst, so Dörnemann: "Dass diese Frage" (nämlich nach dem Status wiederverheirateterGeschiedener in der katholischen Kirche) "gestellt und offen ist – und zu einem 'synodalen Prozess' in den nächsten 12 Monaten einlädt, ist schon ein gutes Ergebnis“, und weiter: "Ist ein außerordentliches Ergebnis einer außerordentlichen Bischofssynode, für das allein schon Papst Franziskus den Friedensnobelpreis verdient gehabt hätte."
Da gibt es für eine zugegeben große Gruppe von Menschen merkwürdige Regeln: Wer mit wem Sex haben darf, welches Ziel dieser Sex haben muss usw. Diese Regeln werden so gut wie nicht beachtet. Jetzt sitzen in Rom die Chefs zusammen und reden darüber. Und die Tatsache, dass der oberste Chef das zulässt soll ihn schon zum Friedensnobelpreisträger machen? Im Ernst?
Außerordentlich ist an dieser Stelle wohl eher die Überschätzung der katholischen Kirche. Eine Prise weniger ZK-Style - und schon ist das nobelpreiswürdig. Ein bisschen weniger Ignoranz, ein bisschen mehr Stil, ein bisschen mehr Respekt für die Menschen, über die man spricht und urteilt und die man immer noch verurteilt und nach Lage der Dinge weiter verurteilen wird - und schon ist das eine Sensation. Dass das so betont werden muss ist und bleibt aber letztlich die Tragik der katholischen Kirche, denn durch diese Betonung wird die Inkompatibilität des kirchlichen Systems mit einer freiheitlichen Gesellschaft nur noch größer. Die Kirche als Scheinriese.
Wie sagte gestern auf der Frankfurter Buchmesse ein katholischer Verleger? Dass man mit jedem reden dürfe, mit dem man reden wolle sei in Europa eigentlich doch schon seit 1789 bekannt. Gott sei Dank also, dass den Friedensnobelpreis die junge Frau bekommen hat, die ihn wirklich verdiente.
Sehr guter Kommentar! Papolatrie - auch in der Form, den Mann für irgendwelche Preise hochzuschreiben - die brauchen wir nicht (mehr).
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