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Ein kurzer Blick zurück zeigt, dass die katholischen Bischöfe in Deutschland auch schon mal darüber besorgt waren, dass die Protestanten die Katholiken zahlenmäßig einholen könnten. Ein Gedanke, der ihnen damals gar nicht gefiel.
Von Peter Otten
Nicht erst seit den Reden beim Treffen von Anhängern des Neokatechumenats in Köln vor einigen Tagen ist deutlich, dass reiche Nachkommenschaft und Glaubensstärke im katholischen Kosmos in einem starken Zusammenhang gedacht werden. Im Gegenteil: Diese Idee scheint eine lange Tradition zu haben. Bereits in den Akten der Fuldaer Bichofskonferenz ist zu lesen, dass sich die katholischen deutschen Bischöfe beispielsweise in einer Sitzung im Jahre 1913 mit dem Phänomen der Empfängnisverhütung beschäftigten. Dort vereinbarte man ein pastorales Kanzelwort, welches im Jahr darauf tatsächlich verlesen wurde. Es bezeichnete jede Form der
Empfängnisverhütung als „sehr schwere Sünde, mit welchen Mitteln und auf welche
Weise immer es geschehen mag“. Im Laufe der bischöflichen Diskussion wies ein - nicht
namentlich überlieferter - Referent allerdings auch auf einen interessanten Nebenaspekt hin: dass der verlorene Fruchtbarkeitsvorsprung gegenüber den
Protestanten wettgemacht werden müsse. Staatliche und polizeiliche
Maßnahmen gegen den Vertrieb antikonzeptioneller Mittel seien zu
unterstützen.
Bei den nun in Köln gemachten Äußerungen liegt das Problem wohl nicht in einem verunglückten Satz, gesprochen im Rausch des "Wir sind ja unter uns!", wie es auch hieß. Denn der Kardinal sagte ja: "Ich sag immer (sic!): Eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien." Und er erzählte auch, wo er es vor allem immer gesagt hat: in den Gesprächen mit der Glaubenskongregation, als es um die Genehmigung der Liturgie des neokatechumenalen Weges ging. Und seinen Äußerungen kann man entnehmen, dass steter Tropfen gegenüber Josef Ratzinger schließlich den Stein höhlte, denn die Genehmigung besonderer Formen innerhalb liturgischer Feiern im Neokatechumenat ist ja inzwischen erfolgt. Das Problem ist also eher das folgende: Die Grundierung, die schon Kiko Argüello in seiner Rede deutlich machte, lautet: Wir (Familien im neokatechumenalen Weg) sind mehr als die (muslimische Familien - und das ist wohl gut so, darf man gerne mithören). Es ist die irritierende Ahnung, dass das aber nicht nur die Idee einer katholischen Gruppierung unter vielen ist, sondern vielmehr ein bischöflich geadelter katholischer Grundsatz sein könnte. Irritierend, denn das Prinzip der Exklusivität ist - vor allem in Fragen der Religion - in einer multipolaren Welt nicht nur ein gefährliches, letztlich auch ein nutzloses Schwert.
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