Donnerstag, 27. September 2012

Hier verkehrt, wer verzehrt

Foto: Peter Otten
"Die Menschen", so sagt ein Sprichwort "wollen nicht so sehr Recht haben, sondern Recht bekommen." Möglicherweise gilt das auch für die katholischen deutschen Bischöfe. Sie haben nun - man darf vermuten mehrheitlich erleichtert aufgrund des lange ausgebliebenen und nun doch erfolgten vatikanischen Segens - rechtlich verbindlich klargestellt, dass derjenige, der vor der entsprechenden staatlichen Stelle seinen Austritt aus der katholischen Kirche erklärt, sämlicher Rechte verlustig geht - was zwar nicht offen so genannt wird, faktisch aber trotzdem einer Exkommunikation gleichkommt. Und mit dem gestrigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes im Fall des Freiburger Kirchenrechtlers Hartmut Zapp steht fest:  Zwar darf ein Katholik bei seiner Austritterklärung angeben, er trete aus der Körperschaft, nicht aus der Glaubensgemeinschaft aus - für die katholische Kirche hat diese gedankliche Trennung allerdings keine Folgen. Ein Teilaustritt aus der katholischen Kirche ist nicht möglich.
Neu ist die Pflicht des Ortspfarrers, Kontakt zum Ausgetretenen aufzunehmen (warum schicken die Bichöfe nicht selbst die Briefe?). Offensichtlich ist dieses Vorgehen ein Zugeständnis gegenüber römischem Denken, dem nicht einleuchten will, wie eine staatliche Stelle die Distanzierung eines Menschen von seiner Kirche überhaupt entgegennehmen kann. Zu dessen Motiven muss nun der Ortspfarrer eine "Einschätzung" vornehmen (wem gegenüber eigentlich? Wird das dokumentiert?) und gegebenenfalls jenseits der Steuerersparnis einen Glaubensabfall feststellen (gibt es also eine Exkommunikation "light" beim Austritt und eine "richtige" Exkommunikation nach dem Gespräch mit dem Pfarrer?) Dazu hat die Bischofskonferenz eine Briefvorlage erarbeitet, die zu diesem Zweck offensichtlich zu verwenden ist. Breiten Raum nimmt in diesem Schreiben die Belehrung über die Rechtsfolgen ein, denen der Ausgetretene unterliegt. Ihm werden die Rechte aufgezählt, die er nun nicht mehr genießt (gelten diese Rechtsfolgen eigentlich auch, wenn der Ausgetretene nach Italien reist, wo es gar keine Kirchensteuerverpflichtung gibt? Gibt es demnächst gar einen Sakramentstourismus?). Interessanterweise werden jedoch die Pflichten, denen er als getaufter Katholik offiziell weiterhin unterliegt verschwiegen, denn auch ein Ausgetretener muss selbstverständlich weiterhin die Sonntagspflicht beachten oder auch die Verpflichtung, seinem Bischof Gehorsam und Respekt zu zeigen. Dies hätte die leicht beleidigt klingende Tonalität des Schreibens, das eher wie eine Rechtshilfebelehrung des Finanzamts klingt als das Schreiben eines Hirten an seinen verlorenen Sohn noch auf die Spitze getrieben und den Eindruck verstärkt, den Menschen, die mit der katholischen Fachterminologie nicht so vertraut sind und Lumen Gentium vielleicht für ein Körperorgan und CIC bestenfalls für eine römische Ziffer halten bei der Lektüre der bischöflichen Worte vermutlich ohnehin bekommen: Die Kirche versteht sich selber als einen Verein, bestenfalls, und: "Das Geld ist der Kirche genauso wichtig wie der Glaube", wie Joachim Frank in einem Kommentar feststellt.

"Pay and Pray", so spitzte es "Kirche von unten" zu. Das fasst es eigentlich ganz gut zusammen. Die Bischöfe haben nun aus ihrer Perspektive Rechtsklarheit: In der Kirche verkehrt, wer verzehrt. Joachim Frank kommt zum Schluss, es sei jedoch für die Kirche "der falsche Weg, wie ehedem Stromkonzerne oder Mobilfunkriesen auf Knebelverträge zu setzen und zugleich darauf zu hoffen, dass ein großer Teil der kirchlichen Kundschaft einfach aus Bequemlichkeit bleibt. Von wem die Kirche Geld verlangt, den sollte sie überzeugen. Ein Rechtstitel, schon gar des Staates, wird auf Dauer nicht reichen." Die Bischöfe haben Recht bekommen und mit römischem Segen Rechtssicherheit geschaffen, in erster Linie für sie selbst. Ob sie mit ihrem Vorgehen dagegen wirklich überzeugend Recht haben - das steht tatsächlich auf einem anderen Blatt.

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