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Von Peter Otten
Eines der beeindruckendsten Ecken im Rautenstrauch-Jost-Museum in Köln ist die Abteilung, in der Totenkulte verschiedener Kulturen und Religionen vorgestellt werden. So erfährt man beispielsweise vom Brauch auf der Insel Bali, die Toten nach einigen Jahren wieder auzugraben, ihre Gebeine zu waschen und sie anschließend zu verbrennen. Die endgültige Reise ins jenseits beginnt. Oder man steht beeindruckt vor einem mexikanischen Altar, einer Mischung aus barocken und vorkolonialen Stilrichtungen, der liebevoll mit Postkarten der örtlichen Heiligen, mit Totenköpfen aus Zucker, mit Obst und Gemüse und mit Fotos und Erinnerungsstücken der Toten dekoriert sind. Allerheiligen feiert man in Mexiko den "Tag der Toten" - ein Fest, in dem sich indigene Kulturtradition mit katholischer Frömmigkeit vermischt. Die Mexikaner glauben, dass die Toten die Erlaubnis bekommen, die Lebenden zu besuchen, die ihrereseits ihre toten Ahnen bewirten: "Dazu werden cohetes (Kracher und Knallkörper) geknallt und laute Fiestas auf den Friedhöfen veranstaltet", schreibt Anabel Cantú Flores Reimann. "Die Familien - besonders aus der Unterschicht und aus der indigenen Bevölkerung - bereiten die Lieblingsspeisen ihrer Toten zu und gehen zu den Gräbern. Dazu nehmen sie ausreichend Tequila, Mezcal oder Bier mit und trinken, essen und feiern bis in die Morgenstunden."
Wie auch immer man zu Halloween stehen mag: Es fällt nicht zufällig auf die Nacht vor Allerheiligen. Allerheiligen ist der Gedenktag der christlichen Märtyrer. Der Tag hat also viel mit dem Tod zu tun und auch mit der Auferstehung und der Hoffnung auf das ewige Leben. Denn es geht um alle Verstorbenen und die uralte Hoffnung, dass sie nicht im Fegefeuer landen mögen. Zudem: Der Tod, die Schrecken der Hölle, die tiefe Dunkelheit des Winters, die sich jetzt ankündigt, das alles geistert von Alters her um diesen 31. Oktober und den 1. November herum. Kann man Halloween dann nicht als einen spielerischen Umgang mit den Schrecken des Todes akzeptieren, der einfach ok ist?
"Die Vergänglichkeit wird durch das Skelett im Vorgarten quasi durch die Hintertür wieder zugelassen", sagt die Volkskundlerin Sabine Wienker-Piepho. "Wir dürfen unsere christliche Kultur nicht von heidnischer Unkultur verdrängen lassen", sagt dagegen der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Andere empfehlen, dem dumpfen Kürbistreiben das hehre Sternsingen entgegenzusetzen (siehe auch hier). Verkleiden mit anderen Kindern an sich reicht wohl nicht, ein wenig moralin wird noch die gute Tat hinterhergeschoben. Oder aber man hängt gleich Warnschilder an die Tür. Schlechte Kürbisse sind hier nicht willkommen, dagegen Sängerinnen und Sänger in der Tradition des guten St. Martin schon. Halloween bleibe ein "bescheuertes Fest. Destruktiv. Blöd. Ersatz für das traditionelle Sankt Martin, an dem – äh – andere Werte vermittelt werden", heißt es hier. Dann folgt noch der obligatorische Verweis auf den bösen Konsum. Mal ehrlich: Gäbe es fromme Pilger ohne Kommerz? Santiago? Den Kölner Dom? Und wo bleibt der christliche Boykottaufruf angesichts des alljährlichen Weihnachtskonsums? Ist Weihnachten so gesehen nicht mindesten genauso "bescheuert"?Wie auch immer man zu Halloween stehen mag: Es fällt nicht zufällig auf die Nacht vor Allerheiligen. Allerheiligen ist der Gedenktag der christlichen Märtyrer. Der Tag hat also viel mit dem Tod zu tun und auch mit der Auferstehung und der Hoffnung auf das ewige Leben. Denn es geht um alle Verstorbenen und die uralte Hoffnung, dass sie nicht im Fegefeuer landen mögen. Zudem: Der Tod, die Schrecken der Hölle, die tiefe Dunkelheit des Winters, die sich jetzt ankündigt, das alles geistert von Alters her um diesen 31. Oktober und den 1. November herum. Kann man Halloween dann nicht als einen spielerischen Umgang mit den Schrecken des Todes akzeptieren, der einfach ok ist?
Beunruhigend jedenfalls ist die Beobachtung, dass die Kirche auf kulturelle Herausforderugen stets mit Erschrecken, Abwehr, theologischen Verkürzungen und dem Aufruf nach eigener Profilierung reagiert. Böser gieriger Kürbis, guter König. Ein guter Schuss Besserwisserei verbirgt sich dahinter. Nach der weihnachtsmannfreien Zone - übrigens durchaus mit theologisch schiefen Argumenten, wie Werner Kleine bereits 2010 hellsichtig herausstellte - nun also die kürbisfreie Zone. Ob der Papst das mit Entweltlichung gemeint hat? Sicher nicht. Denn im Krieg um Nikolaus und Kürbis bedeutet Entweltlichung offensichtlich Platz zu schaffen für ideologische Aufladung. Dass die Zeiten für derlei Moralisierungen und Ideologien vorbei sind, sollte nun wirklich der dickste Kürbis kapiert haben.
Update:
Zumindest spüren dies die Menschen, wie LeserInnenkommentare zeigen, zum Beispiel hier. "Das ist ungefähr so souverän, als würde BMW Anzeigen schalten, in denen ausschließlich steht, das Mercedes ein uncooles Auto ist", schreibt beispielsweise die sechzehnjährige Hannah. Touché! Andere sprechen von einem "verkappten Missionierungsversuch". Und Harry weist darauf hin: "Es ist schon außerordentlich amüsant, dass gerade die Kinderfreunde von der katholischen Kirche schon wieder so offensiv mit Netter-Onkel-Sprüchen wie "Spiel mit uns" oder "Wir schenken Dir eine Extraportion Süßes" werben. Ich dachte zuerst, diese Aktion sei eine Kopfgeburt des Satiremagazins Titanic."
Lieber Petter Otten,
AntwortenLöschender Beitrag spricht mir aus der Seele. Vielen Dank auch für den freundlichen Hinweis und den Link auf meinen Artikel zu dem vergleichbaren Kampfthema "Nikolaus vs. Weihnachtsmann" auf www.kath-2-30.de.
Ich selbst habe in diesem Jahr übrigens ein schönes Halloweenerlebnis gehabt. Acht Gespenster klingelten an meiner Tür (übrigens bevor ich zur Allerheiligenvigil fuhr). Ich habe sie einfach vertrieben, indem ich jedem zwei Stückchen Schokolade gegeben habe. Sie verabschiedeten sich darauf freundlich lächelnd (drei sogar mit Handschlag). Mir sind lachende Gespenster allemal lieber als miesepetrige Katholiken.
Werner Kleine
Herzlich willkommen als Blogger-Nachbar!
AntwortenLöschenEndlich auch in der kath. Bloggerliste kurz vorgestellt:
http://bloggerliste.blogspot.com/
Und dann hängen da auch noch ziemlich oft (versehentlich? wirklich nur gedankenlos?) ziemlich unappetitliche Ideen dran: »›Wir sollten Brauchtum pflegen und nicht importieren‹, erklärt Stefan Lesting«, heißt es bei http://frischfischen.de/die-haustuer-zum-halloween-gewinnspiel-machen.html – das unterscheidet sich genau betrachtet wenig vom »Ethnopluralismus« der Neuen Rechten.
AntwortenLöschenIst schon seltsam, gerade Halloween als Chance zur Missionierung zu sehen. Die Kinder, die kommen, die wollen doch nicht missioniert werden, die wollen Süßes (oder Saures?). Ob ich diesem Wollen nachgebe ist dann immer noch meine Entscheidung; ich muss ja nicht immer Süßigkeiten rausgeben, einmal an St. Martin reicht ja auch. Aber das mit einem Schuss Moralin auf die Sternsingeraktion hin zu "deuen" finde ich völlig abwegig. Die Kids sollen doch nicht wegen der Süßigkeiten als Sternsinger gehen!
AntwortenLöschenInteressant zu sehen ist, dass das Erzbistum Köln schon seit einigen Jahren in Altenberg eine eigene Veranstaltung der Jugendseelsorge anbietet: Treffen mit Kino, Workhshops, Musik und Party am 31.10. und Gottesdienst am 1.11.
Lieber Felix, ich gebe dir Recht: Das riecht sehr nach Ethopluralismus (und hier bricht dann auch die Diskussionsbereitschaft ab). Die Initiatoren haben keine Ahnung von der Symbiose zwischen Religion und Kultur. Ich denke, dahinter steckt einfach Naivität. Die Diskussion insgesamt ist zum Glück weit weniger wahrnehmbar als in den letzten Jahren. Warten wir mal auf den Nikolaus und die sogenannte weihnachtsmannfreie Zone, die vielleicht auch nicht ganz zufällig an die ausländerfreie Zonen im Osten Deutschlands erinnert.
AntwortenLöschenLieber Markus, leider fällt die Aktion in diesem Jahr in Altenberg aufgrund der Umbaumaßnahmen aus (und so wird es vermutlich in den nächsten Jahren auch sein). Das ist sehr schade, denn All Hallows Eveneing war eine Veranstaltungsform, bei der es der Abteilung Jugendseelsorge wirklich gelungen ist, auch andere kirchenfremdere Zielgruppen zu erschließen.
Die LeserInnenkommentare in der WZ sprechen im übrigen Bände: http://www.wz-newsline.de/home/panorama/katholische-anti-halloween-aktion-kinder-kommt-doch-als-sternsinger-wieder-1.1465296?fb_action_ids=10151821420198347&fb_action_types=og.recommends&fb_source=other_multiline&action_object_map={%2210151821420198347%22%3A1404994336402609}&action_type_map={%2210151821420198347%22%3A%22og.recommends%22}&action_ref_map=[] In jeder Hinsicht ein Rohrkrepierer.
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