Dienstag, 22. Februar 2011

Berufung zweiter Klasse ?

Heute wird in Köln ein verheirateter Familienvater zum Priester in der römisch-katholischen Kirche geweiht.
Der ehemalige Professor für evangelische Theologie Harm Klueting arbeitete lange als evangelischer Pfarrer und konvertierte 2004 zum katholischen Glauben. Mit seiner Frau, die ebenfalls konvertiert ist und inzwischen dem Dritten Orden der Kameliterinnen angehört, hat er zwei Kinder. Neben seinen wissenschaftlichen Aufgaben, die er unter anderem an der Universität Köln wahrnimmt, werde Klueting als Priester in der Hochschulseelsorge tätig sein. Eine solche Dispens vom Weihehindernis der Ehe kann der Papst in einem solchen Fall erfolgter Konversion gewähren. Das Erzbistum Köln weist noch darauf hin, dass Fälle wie dieser "vereinzelt" auch in anderen Bistümern vorgekommen seien. Diese Priester würden nicht in der ordentlichen Seelsorge eingesetzt, sondern nähmen "geeignete Aufgaben in der Kategorialseelsorge" wahr, wie eben nun jener Neupriester in der Hochschulseelsorge. Wenn das tatsächlich so grundsätzlich gehandhabt wird, wie es sich auf den ersten Blick liest, klingt das ein wenig danach, als scheue man sich, Gemeinden mit diesem Priestermodell in Kontakt bringen.

Vor etwa zehn Jahren bekam ich Kontakt zu einer Familie, die der mit Rom unierten katholischen Kirche in Mazedonien angehört. Der Großvater, schon über 90 Jahre alt, war der ehemalige Dorfpfarrer und pater familias. Sein Sohn wollte ebenfalls Theologie studieren, brach es dann jedoch ab, unter anderem wegen der kommunistischen Repressalien. Er erzählte jedenfalls voller Stolz, dass er durch die Bücher Karl Rahners Deutsch gelernt habe. Die drei Enkel studierten allesamt Theologie. Der zweitälteste Sohn ist seit einigen Jahren Priester in einem Nachbardorf, er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der jüngste wurde unter anderem im Rahmen einer Studienpartnerschaft mit dem Priesterseminar in Fulda ausgebildet. Seine Priesterweihe sowie die seines ältesten Bruders wurde von den kirchlichen Verantwortlichen jedoch immer weiter hinausgezögert, weil in der kleinen katholischen Kirche dort einfach nicht so viele Priester benötigt werden. Der Versuch, diese bestens ausgebildeten Theologen in Deutschland als Priester arbeiten zu lassen, zum Beispiel in Fulda, wo sie ja einen großen Teil ihres Weges zum Priestertum verbracht hatten, wurde nicht verfolgt. Warum eigentlich? Weil das Feuer der Gottesliebe etwa zu klein war, dass sie nicht das Heiraten vergessen haben, was vielleicht besser gewesen wäre? Wer einmal zum Osterfest der Ostkirche erlebt hat, wie sich vor dem Wohnhaus von Großvater Tasev und seiner Familie lange Schlangen von Menschen bildeten, die das Sakrament der Beichte empfangen wollten, oder wer einmal eine katholische Liturgie von ihm oder seinem Enkel mitgefeiert hat, kann über Sätze wie diese einfach nicht so nonchalant hinweglesen: "Gott und sein Reich sind für (den Priester) so sehr zur Priorität geworden, dass er die hohen Werte von Ehe und Familie nicht zu verwirklichen vermag." Gibt tatsächlich nur der zölibatäre Lebensstil dem priesterlichen Dienst eine Überzeugungskraft? Beweist nur der Zölibatäre mit seinem Lebensstil, was er in der Kirche predigt? "Die Priester sollen nicht nur reden, sondern das mit ihrem Leben bezeugen, was sie anderen sagen." Dieser Satz klingt wie Hohn, erinnert man sich an die Erzählungen Tasevs, wie er in der Zeit des Kommunismus auch unter lebensbedrohlicher Verfolgung zu seiner Berufung stand. 

"Was heute (...) nicht überzeugt, vermutlich auch in früheren Epochen nicht überzeugt hat, ist eine Haltung, die es in einer äußerst gefährlichen pastoralen Not vorzieht, die Zölibatspflicht mit allen Mitteln festzuschrauben, und die dafür auf andere Arten von Priesterberufen, den Erhalt von Gläubigen und von Gemeinden, die sich im Großverband zu großen Teilen auflösen, aus Gründen des Prinzips verzichtet", schreibt Klaus Fischer in der aktuellen Ausgabe von Christ in der Gegenwart. "Dass Gott auch verheiratete Männer (um von Frauen zu schweigen) zu Priestern berufen will und beruft, kann ja niemand guten Gewissens in Abrede stellen. Wie es scheint, ist der vorrangige Grundsatz des Kirchenrechts - „das Heil der Seelen (Menschen) ist oberstes Gesetz" - ein Prinzip, an das - aus tiefster Seelsorge - Gott selbst sich hält." Es spricht nichts dagegen, wenn Erzbischog Zollitsch nun offensichtlich den angekündigten Dialog auf eine theologischere Ebene heben will, sich diese ganz und gar theologischen Argumente in Ruhe anzuschauen. Es wäre nützlich und würde die Kirche aus manchen Widersprüchen, die die heutige Weihe, aber auch das Übetrittsangebot an anglikanische Priester eben doch auch beinhalten, heraushelfen.

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