Weihnachten gehts den Tieren besonders an den Kragen, und die christliche Tradition ist daran nicht ganz unschuldig. So geht bekanntlich das Braten einer Martinsgans auf die Legende zurück, nach der schnatternde Gänse den sich in ihrem Stall verteckt haltenden Heiligen Martin von Tours verraten haben sollen. Martin wollte partout nicht Bischof werden und suchte den Schutz des Gänsestalles, um dem Ruf durch die Bewohner Tours zu entgehen. Ohne Erfolg - der Gänse wegen, die so noch bis heute in jedem Jahr aus "guten Gründen" ihrer Verespeisung entgegen gezüchtet werden.
Nun fordert der theologische Zoologe Rainer Hagencord im Focus, zum Weihnachtsfest weniger Tiere zu essen.
Die Kirche spreche zwar immer von der Bewahrung der Schöpfung, aber Puten, Hühner, Schweine und Rinder tauchten dabei nicht auf, kritisiert er. „Die Formulierung, dass nur der Mensch eine Seele habe, findet man in der Bibel nicht.“ Im Römerbrief 8,22 sei vom Seufzen der Schöpfung die Rede und von der Befreiung aus der Sklaverei. „Das ist hochaktuell. Denn die Schöpfung hat noch nie so gelitten wie heute", so der Münsteraner Theologe. Es sei ein Skandal, dass die Theologie den weltweiten Fleischkonsum nicht problematisiere.
Thomas Ruster vertritt in seinem Buch "Glauben macht den Unterschied" übrigens die These, dass gemäß des Schöpfungsberichtes den Menschen nur Kräuter und Bäume zur Nahrung übergeben worden seien. Für mich jedenfalls ein neuer Gedanke. Erst nach der Sinnflut habe Gott den Menschen auch Tiere zur Nahrung gegeben, allerdings "nicht ohne darauf hinzuweisen, dass sie (die Menschen) Furcht und Schrecken für die Tiere sein werden" (S. 134). Möglicherweise sei diese Erlaubnis auch nur eine Sondergenehmigung angesichts der durch die Sünde verwüsteten Erde gewesen, auf der so rasch keine Feldfrüchte mehr hätten wachsen können. Und er fährt fort: "Wenn sich nun Christinnen und Christen unter der biblischen Perspektive mit der Frage des Fleischessens befassen würden? Wenn es in den Gemeinde Kreise gäbe, die darüber diskutierten? Dann wäre es mit dem bedingungslosen Griff ins Fleischregal des Supermarktes vorbei, wo die Dramatik des Fleisches so perfekt unsichtbar gemacht wird."
Angesichts der Tieridylle, die die weihnachtlichen Geschichten von den Schafen, von Ochs und Esel in diesen Tagen den christlichen Gemütern bereithalten, schadet der Hinweis auf die biblischen Fundstellen nicht. Die Bibel sagt tatsächlich, dass Menschen anders leben können, als sie es tun. Und zu den unangenehmen Erkenntnissen von Jesu Menschwerdung, die wir ja an Weihnachten feiern, gehört es wohl auch, dass es Jesus - sicher auch in Fragen des Essens - es wohl nicht bei Worten belassen hat.
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