Freitag, 10. Dezember 2010

Das "unterscheidend" oder das "entscheidend" Christliche?

Ich persönlich habe auch sehr große Sympathie für das, was Hans-Joachim Höhn sagt. Er wird mit dem, was Ruster sagt, wohl nicht einverstanden sein. Denn er hält nichts davon, dass Christen sich von anderen gesellschaftlichen Gruppen absetzen - im Sinne der Forderung, das "unterscheidend Christliche" profiliert abgrenzend herauszustellen und würde sicher so nicht unterschreiben, dass in der christlich-jüdischen Tradition Glaubende "Vorteile" haben:

"Zur Logik des Unterscheidens gehört das Dissoziieren, das Abtrennen und Sich-Absetzen. Wer unterscheidet, muss ausscheiden und ausschließen. Wer aber in und durch den Vorgang des Ausschließens seine Identität wahren will, erweist sich sehr bald als Vertreter einer Ideologie. Ideologien schließen sich in ihren Inhalten und Zielen gegenseitig aus. Sie bestehen aus nichts anderem als aus der Absicht, ihre Anhänger durch Diskriminierungen, d.h. durch die Bestimmung von Unterschieden zu anderen besser dastehen zu lassen."

Höhn schlägt demgegenüber vor, statt vom "unterscheidend" Christlichen lieber vom "entscheidend" Christlichen zu sprechen:

"Der Ideologiefalle kann dier Kirche am ehesten dadurch entgehen, dass sie das "unterscheidend" Christliche als dasjenige identifiziert, das alle Menschen verbindet, eint und einander gleich macht. Eben dies ist der Heilswile Gottes, der jeden Menschen zum Adressaten einer unbedingten Zuwendung macht. Dazu gehört ebenso die Gottesebenbildlichkeit aller Menschen und die Mitgeschöpflichkeit alles Lebendigen. Es ist die Orientierung am alle Menschen Verbindenden, das Christen zum Einsatz für Menschenrechte, für die Bewahrung der Schöpfung und ein globales Gemeinwohl motiviert. Dies macht das "entscheidend" Christliche im sozialen und politischen Kontext aus. Und die Orientierung daran macht die Kirche unterscheidbar von sozialen und religiösen Bewegungen, die nur partikulare Eigenintereressen vertreten oder sich der Lobbyarbeit hingeben." (Pastoralblatt 10/2010, S. 307)

Ruster sagt: Glaubende wissen, was Gottes Gesetz ist, handeln in Freiheit danach, indem sie an Gottes Allmacht teilhaben und die Welt gestalten. Das können Nicht-Glaubende erst mal nicht. Denn sie kennen Gottes Gerechtigkeit nicht. Höhn würde sagen: Alle Menschen, ob sie glaubend sind oder nicht, leben erst mal im Licht der Zuwendung Gottes. Also verbindet sie das, ob sie bewusst glauben oder nicht. Aus dieser Gewissheit gestalten Christen die Welt.

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