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Mit einer Umfrageaktion zu „Islam, Terror, Orient“ will die Zeitung „Christ in der Gegenwart“ ihre Auflage zu steigern. Ob das so angemessen ist, fragt sich
Norbert Bauer
Gewinnspiele im Fernsehen,Umfragen im Internet oder das bewährte Preisrätsel haben vor allem das Ziel, Kunden zu binden, Klicks zu generieren oder Adressen zu sammeln.
Auf diese Idee ist auch „Christ in der Gegenwart“ gekommen. Als ehemaliger Abonnent bekomme ich regelmäßig Post. Gestern wieder: „Umfrage-Aktion – jetzt mitmachen und Dankeschön sichern. Islam, Terror, Orient. Ihre Meinung ist uns wichtig“ heißt es da mit großen Buchstaben in rot und weiß. Gefragt wird, ob ich u.a. folgenden Aussagen zustimme*:
Ach, würde ich denken: Ein merkwürdiger Weg, auf eine muslimische Wochenzeitung aufmerksam zu machen. Käme bei mir als Katholiken nicht so gut an.
Auf diese Idee ist auch „Christ in der Gegenwart“ gekommen. Als ehemaliger Abonnent bekomme ich regelmäßig Post. Gestern wieder: „Umfrage-Aktion – jetzt mitmachen und Dankeschön sichern. Islam, Terror, Orient. Ihre Meinung ist uns wichtig“ heißt es da mit großen Buchstaben in rot und weiß. Gefragt wird, ob ich u.a. folgenden Aussagen zustimme*:
- „Der Islam ist eine friedliche Religion. Extremisten wie ISIS, al Qaida oder Boko Heram missbrauchen ihn nur.“
- „Die islamische Geistlichkeit sollte sich stärker von Radikalen distanzieren.“
- „Wir brauchen mehr Mut zur Mission unter Muslimen.“
- „Katholizismus ist eine kinderfreundliche Konfession!“„Pädophile“ Priester missbrauchen diese Religion nur.
- "Die katholische Geistlichkeit sollte sich stärker von den Missbrauchstätern distanzieren."
- "Wir brauchen mehr Mut zur Mission unter Katholiken."
Ach, würde ich denken: Ein merkwürdiger Weg, auf eine muslimische Wochenzeitung aufmerksam zu machen. Käme bei mir als Katholiken nicht so gut an.
Der Umfrageaktion bei Christ in der Gegenwart wird die Meinung des Chefredakteurs vorangestellt. Und die ist gewohnt klar und deutlich. Die altbekannten Schlagwörter wirbeln durch das Editorial: „Kampf der Kulturen“ „Hurra wir kapitulieren“. Ärgerlich wird es, wenn er in Anlehnung an Sherko Fatah Terror zur Wesenseigenschaft des Islam erklärt: Die Brutalität der ISIS Kämpfer sei „geradezu urislamisch und keineswegs unislamisch.“ Eine wunderbare Einleitung, um danach offen nach meiner Meinung gefragt zu werden.
Statt die alten Parolen von Henryk M. Broder aufzuwärmen hätte sich Johannes Röser besser über die aktuelle Debatte innerhalb der islamischen Kultur informiert. Er hätte zum Beispiel mitbekommen können, dass 120 namhafte, dem konservativen Spektrum zuzurechnende Gelehrte einen Brief an den Anführer der Terrororganisation geschrieben haben. Auf 25 Seiten wird da mit den Grundlagen der islamischen Theologie begründet, warum Terror dem Islam widerspricht. Dort heiß es unter anderem: "Es ist im Islam verboten Christen und allen „Schriftbesitzern“ – in jeder erdenklichen Art - zu schaden oder zu missbrauchen." Auch der Verweis der ISIS auf die Sure «Denen, die bekämpft werden, wurde es erlaubt (zu kämpfen), weil man ihnen Unrecht tat» (Sure 22, 39) sei vollkommen unangebracht, denn «es ist nicht gestattet, einen bestimmten Vers des Korans auf eine Begebenheit zu beziehen, die 1400 Jahre nach seiner Offenbarung geschehen ist», heißt es in dem Papier. Die in Hamburg lehrende Islamwissenschaftlerin Amipur hat auf diesen Brief in der NZZ hingewiesen und zugleich erläutert, dass „die eigentlich Angesprochenen .....sicher die Muslime (sind), von denen die Autoren befürchten, dass sie in die Fänge der IS-Propaganda geraten könnten.“ Muslimische Theologen, einflussreich und konservativ, distanzieren sich im Namen des Islam von ausgeübter Gewalt und weisen mit ihrer eigenen Tradition nach, dass dieser Terror sich nicht auf den Islam berufen kann. Sie tun also genau das, was „wir“ immer so gerne von „ihnen“ verlangen. Solch ein differenzierter Blick dient aber offensichtlich nicht zur Auflagensteigerung einer Zeitung. Mit der Umfrageaktion und Vorwort zu „Islam, Terror Orient“ wird mal wieder eine Kampflinie konstruiert, die es in der Realität so nicht gibt.
In einem Gastbeitrag für die SZ bringt die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor dies treffend auf den Punkt „In der Tat bieten Muslime in diesen Tagen eine große Angriffsfläche: die barbarischen Verbrechen der IS-Terroristen oder die Radikalisierung muslimischer Jugendlicher durch Salafisten, auch in Deutschland. Aber es wird immer so getan, als bedrohe "der Islam" "den Westen". Dabei wird außer Acht gelassen, dass die meisten Muslime ebenfalls bedroht werden durch diese muslimischen Extremisten.“ Diese Tatsache sollte vielleicht bedacht werden, wenn „Christ in der Gegenwart“ mit einer Umfrage versucht, die Auflage zu steigern.
* Offensichtlich gibt es mehrere Versionen des Fragebogens. Eine gedruckte Variante mit 10 Fragen und zwei online-Versionen mit 5 bzw 7 Fragen.
In einem Gastbeitrag für die SZ bringt die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor dies treffend auf den Punkt „In der Tat bieten Muslime in diesen Tagen eine große Angriffsfläche: die barbarischen Verbrechen der IS-Terroristen oder die Radikalisierung muslimischer Jugendlicher durch Salafisten, auch in Deutschland. Aber es wird immer so getan, als bedrohe "der Islam" "den Westen". Dabei wird außer Acht gelassen, dass die meisten Muslime ebenfalls bedroht werden durch diese muslimischen Extremisten.“ Diese Tatsache sollte vielleicht bedacht werden, wenn „Christ in der Gegenwart“ mit einer Umfrage versucht, die Auflage zu steigern.
* Offensichtlich gibt es mehrere Versionen des Fragebogens. Eine gedruckte Variante mit 10 Fragen und zwei online-Versionen mit 5 bzw 7 Fragen.
Zitat: »Gefragt wird, ob ich u.a. folgenden Aussagen zustimme:…«
AntwortenLöschenVon den drei aufgeführten Aussagen, finde ich in der Online-Umfrage nur eine (die erste) in der Umfrage wieder.
Die anderen beiden gibt es dort nicht.
Ist die Online-Umfrage anders als die in der Printausgabe?
Sehr geehrter Herr Niebecker, offensichtlich gibt es unterschiedliche Versionen. In der gedruckter Ausgabe gibt es 10 Meinungspunkte. 7) lautet: Die islamische Geistlichkeit sollte ich stärker distanzieren. 10) Wir brauchen mehr Mut zur Mission unter Muslimen.
LöschenDanke für den Hinweiss.
Aha, danke.
AntwortenLöschenDann gibt es offenbar die Printversion mit 10 Fragen
Die von Ihnen verlinkte Online-Newsletter-Version mit 7 Fragen (http://www.christ-in-der-gegenwart.de/cge14091sod?newsletter=cig/20140923)
Und die Online-Version mit 5 Fragen (http://abo.christ-in-der-gegenwart.de/umfragen/islam/)
Da kann man ja gespannt sein, was da für Ergebnisse herauskommen, wenn schon keine einheitlichen Umfragen gestellt werden.