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von Norbert Bauer
„Und ich finde Theologie interessant!“ singt Carsten Friedrichs, Sänger der leider nicht mehr existierenden Band Superpunk. Mitarbeiter kirchlicher Berufungsstellen sollten sich nicht zu früh freuen. Der Song eignet sich nicht als Soundtrack für katholische Nachwuchsarbeit, charakterisiert diese Zeile doch einen verlassenen traurigen Mann, der nicht nur zu viel isst und trinkt, sondern sich auch schmutzige Filmchen anschaut und sich für neuerdings für Theologie interessiert. Superpunk bestätigt damit das Image, das Theologie nicht nur im popkulturellem Kontext hat. Damit das nicht so bleibt, organisiert der Kirchentag eine Rockandacht, die am Ende denn doch nur „schlimme Klischees erfüllt: Zweifellos gehört der Rock 'n' Roll auf die Straße.“ (Peter Otten). Ein weiterer Versuch sind Großraumkonzerte: Seit Jahren füllen - ganz ökumenisch - Wise Guys sowohl bei Kirchen- als auch bei den Katholikentagen die Open-Air-Wiesen. Diese Musik als brav zu bezeichnen ist sicherlich noch sehr brav.
Pop und Religion sind kein Paar. Aber ist das wirklich so bedauerlich?
Trifft auf Religion und Pop nicht auch das zu, was sich auch seit Jahren bei Literatur und Kunst zeigt: sobald sie ausdrücklich bekenntnishaft daherkommt, ist es schon vorbei. Oder ist in den vergangenen Jahren ein wirklich interessanter christlicher Roman erschienen? Oder kann mir jemand ein zeitgenössisches dezidiert christliches Kunstwerk zeigen, dass nicht in den Kitsch abrutscht oder nur das Behauptete illustriert? Interessant wird es für die Religion erst dann, wenn sie Kunst und Literatur in ihrer Autonomie achtend begegnet. Bestes Beispiel: das „Richter-Fenster“ im Kölner Dom. Die Kirchen sollten daher auch ihre krampfhaften Versuche aufgeben, Pop-Musik einzugemeinden. Pop ist erst einmal Pop, also laut, schnelllebig, kommerziell, selbstironisch, selbstverliebt, vorlaut, unkeusch, visionär. Und schön. Dabei sagt Pop (oder Rock, Dubstep, Metal...) mehr über das Leben (und den Tod) aus, als die meisten Predigten und Katechesen. Ich werde den Versuch starten, in loser Reihenfolge hier auf Pop-Musik hinzuweisen, die mir erstens gefällt und darüber hinaus das Referenzsystem Religion tangiert.
Am Freitag vor Pfingsten ist das neue Album von Daft Punk erschienen, ein tolles Album, auch beim Hören zu Hause scheint die Disco-Kugel von der Decke zu hängen. Interessant: „Random Access Memories“ wurde im Gegensatz zu ihren früheren Alben traditionell in einem echten Studio mit echten Musikern aufgenommen und nicht nur am Computer. Die Süddeutsche Zeitung fragt deshalb in der Rezension: „Womit wir wieder bei der Frage wären, warum man sich in der Gegenwart offenbar immer noch so gern eine Zukunft vorträumen lässt, die sich die Vergangenheit ausgedacht hat. Die Antwort von Daft Punk lautet: Weil das die einzige echte Zukunft ist, die wir haben. Also eine, die noch die theologische Dimension besitzt, die der Begriff bis ins Mittelalter hatte, als er auf das Herabkommen Gottes verwies. Alles, was uns dagegen die Realisten der Krise als Zukunft verkaufen wollen, ist in Wahrheit nur eine schlechtere Version der Gegenwart.“ Besser kann man die Aufgabe von Religion nicht kennzeichnen: eine Zukunft verkünden, die mehr ist als nur eine schale Kopie der Jetztzeit.
Der New Yorker Band Vampire Weekend gelang es mit ihren ersten Album, Melodien aus Manhattan mit Beats aus Afrika zu verbinden, und kommt dabei ohne kolonialistische Attitude aus. In einem Interview behaupten sie, mit ihrem neuen Album zurück in die Kirche zu wollen. Dabei sind sie etwas zu weich geworden: trotzdem schönes Album. Nicht in der Kirche sondern in kleinen Clubs spielen „Liga der gewöhnlichen Gentlemen“, die Nachfolgeband der oben schon erwähnten Superpunk. Ihre aktuelle Single heißt „Jeder auf Erden ist wunderschön.“ Fast schon ein Psalmwort.
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