Sonntag, 18. September 2011

Nehmt Abschied, Brüder! Ungewiss ist alle Wiederkehr...

Foto: Uwe Steinbrich/www.pixelio.de
Der Vatikan hat den Piusbrüdern ein - letztes? - Angebot gemacht. Für eine mögliche Wiedervereinigung gibt es ein Modell, das in diesen Tagen fünf Jahre alt wird.

Vier Tage bevor Papst Benedikt XVI. im September 2006 seine berühmt gewordene „Regensburger Rede“ hielt, unterzeichnete sein damaliger Kurienkardinal und Leiter der Kommission Ecclesia Dei Darío Castrillón Hoyos ein Dokument. Darin erlaubte Rom die Gründung des kleinen „Insitituts vom guten Hirten" – einer kleinen Gemeinschaft mit einigen Priestern im französischen Bordeaux. Zum Institutsoberen wurde Philippe Laguérie berufen, ein erzkonservativer Priester, ehemaliger Piusbruder und Sympathisant der rechtsextremen französischen Partei „Front National“. Einerseits widmet sich die Gemeinschaft der alten Liturgie. Zugleich steht in ihrer von Rom genehmigten Satzung, dass die Gesellschaft verpflichtet sei, daran zu „arbeiten, die Authentizität der Lehre (der Kirche) herzustellen“. So bekennen sich die Mitglieder zwar zur Treue gegenüber dem unfehlbaren Lehramt der Kirche. Das normale ordentliche Lehramt – quasi das bischöfliche und päpstliche Alltagsgeschäft – bleibt aber unerwähnt. Ja es wird zugestanden, dass eine, „ernsthafte und konstruktive Kritik“ an den Entscheidungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und deren Umsetzung berechtigt sei. 


Erstmals wurde hier römischerseits einer kleinen katholischen Gemeinschaft eine Art Teilentpflichtung vom ansonsten umfassenden Gehorsam gegenüber Rom eingeräumt. Beim Studium der vom Vatikan in dieser Woche veröffentlichten Stellungnahme bleibt der Eindruck zurück, diese Art von „Patchworkgehorsam“ werde in Zukunft auch der Piusbruderschaft eingeräumt. Man habe dieser nämlich einen Text vorgelegt, der einige lehramtliche Prinzipien und Interpretationskriterien der katholischen Lehre enthalte, die notwendig seien, um die Treue zum Lehramt der Kirche zu garantieren. Daneben sagt der Text aber, dass es bezüglich des 2. vatikanischen Konzils und dem „nachfolgenden Lehramt“ noch Raum für „legitime Diskussionen“ gebe . Dies zeigt erneut, wie weit der Vatikan bereit ist, ultrakonservativen und traditionalistischen Bewegungen in seinen Reihen entgegen zu kommen.

Dem Papst ist kurz vor seinem Staatsbesuch in Deutschland eine öffentlichwirksame Einigung mit den Piusbrüdern zunächst erspart geblieben. Schließlich waren hier die Wellen der Empörung aufgrund der Aufhebung der Exkommunikation des Piusbischofs und Holocoustleugners Richard Williamson vor zwei Jahren besonders hochgeschlagen, so dass sich seinerzeit sogar die Bundeskanzlerin einschaltete.

„Unseren Kreuzzug gegen das modernistische Rom und gegen die Progressiven, deren Gift wir schlucken sollen, setzen wir fort“, wurde der Chef der Piusbrüder Bischof Bernhard Fellay vor wenigen Tagen noch in einer Berliner Zeitung zitiert. Und: „Selbst wenn der Vatikan uns kirchenrechtlich anerkennt, dann macht euch keine Illusionen: Dann wird der Kampf sogar noch härter.“

Doch wiegt der Reiz einer Einigung für Rom möglicherweise schwerer als harte Worte. Zumindest bleibt die Tür seit Mittwoch weiter offen. Da ist die Aussicht, mit der Piusbruderschaft eine weiter wachsende entschlossene Truppe für den Kampf um den Wiederaufbau der Kirche hinzuzubekommen. In einer Phase vielfacher Bedrohung, in der sich die katholische Kirche wähnt, wird auf Dauer jeder gebraucht, der die Einzigartigkeit des Katholizismus betont und damit langfristig aus Sicht der Kirchenführung ideologiesichernd wirken kann.


(WDR 5 - Diesseits von Eden, Sendung vom 18. September 2012) 

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