Donnerstag, 5. Mai 2011

Unwidersprochener Anschein

Heute wurde bekannt, dass das Erzbistum Köln dem Theologen David Berger die missio canonica entzogen hat. Man habe sich zu diesem Schritt gezwungen gesehen, weil Berger durch seine Veröffentlichungen und Äußerungen in den Medien selbst den " unwidersprochenen Anschein" gesetzt hat, in Lehre und Lebensführung mit den moralischen und gesetzlichen Normen der Kirche nicht übereinzustimmen. Damit habe er das für den Verkündigungsauftrag unverzichtbare Vertrauen des Bischofs zerstört und könne nicht mehr glaubwürdig im Auftrag der Kirche katholischen Religionsunterricht erteilen. Der Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis sei deshalb unausweichlich gewesen. Die Entscheidung des Erzbischofs beruhe auf dem kirchenrechtlich ordnungsgemäßen Verfahren, in dessen Verlauf der Betroffene Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten habe. Das wiederum bestreitet Berger gegenüber der Frankfurter Rundschau. Er habe keine Gelegenheit zur persönlichen Stellungnahme gegenüber "pauschalen Vorwürfen" gehabt.

Wie auch immer: "Anscheinend" - so muss man den Text verstehen - hat Berger also in Lehre und Lebensführung nicht mit den moralischen und gesetzlichen Normen der Kirche überein gestimmt. Und, so der Text weiter, dieser Anschein sei von Berger selbst ausgegangen - durch seine Veröffentlichungen und Äußerungen in den Medien. Jedenfalls ist dieser Anschein offenbar derart, dass keine andere Wahl blieb. Konkrete Fakten oder Gründe nennt der Text nicht. Warum eigentlich nicht?
Man kann sich vorstellen, mit welcherlei Korrespondenz sich die erzbischöfliche Poststelle in der Zeit nach Bergers Artikel in der Frankfurter Rundschau im letzten Jahr gefüllt hat - vielleicht durchaus nicht nur von gläubigen Katholiken; und wer will kann nachverfolgen, welche Kampagnen seitdem gegen den Religionslehrer Berger vor allem im Internet geführt wurden mit dem Ziel, die Verantwortlichen zum Entzug der missio aufzufordern. Auch das kann zu einem Anschein beitragen.

Wenn man ausschließen will, dass Entscheidungen auf Anschein - könnte man nicht auch Mutmaßungen sagen? -  beruhen, braucht man nachvollziehbare Begründungen, vor allem, wenn sie derart gravierende berufliche Folgen nach sich ziehen. Es wäre wichtig und interessant, diese zu erfahren. So bleibt der fade Eindruck, dass man sich seiner Sache nicht sicher ist. Nicht sicher sein kann?

Jedenfalls - so lehrt schon die Alltagserfahrung - ist die offene Rede meistens die bessere Alternative, besser jedenfalls als jeder fade Anschein. Was man nicht sagen kann, davon soll man schweigen. Ein Anschein - auch das lehrt der Alltag - vermag auch zu trügen.

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