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Mittwoch, 2. Oktober 2024

Dass auch im großen Schrecken die Liebe wartet

Das genau ist ja der Weg Jesu, von dem im Evangelium die Rede ist: Hände halten, Wäsche waschen, Tränen trocknen, Umarmen, Zuhören. Einen anderen Weg gibt es nicht, um Vertrauen zu säen in den Schrecken, der größer nicht sein kann. Vor ein paar Tagen ist eine junge Frau aus der Pfarrei gestorben. Der Text ist die gekürzte und sprachlich leicht angepasste Fassung der Ansprache bei ihrer Trauerfeier. Alle Namen sind geändert.

Von Peter Otten

Denn der Schrecken ist in Ihr Leben getreten. Was für ein Wahnsinn. Nicht erklärbar und schon gar nicht entschuldbar. Und Ihre Fragen, die Sie und viele anderen, die heute hier sind auch Gott entgegen schleudern – warum hat er sie mir weg genommen? – auch sie hatten in den letzten Tagen und heute ihren Platz. Luzies Tod macht keinen Sinn. Er ist schrecklich, einfach nur abgrundtief schlimm. Franz hat stellvertretend für viele diesen Schmerz im Psalm ausgesprochen. Und der Schmerz wird noch lange weitergehen. Und sein Echo wird viele von denen, die heute hier sind noch lange begleiten.


Es ist noch nicht lange her, da haben wir in der Agneskirche Erstkommunion gefeiert. Nach jeder Gruppenstunde habt ihr Kinder ein Brot genommen, habt es geteilt und zwar so lange geteilt, bis alle Kinder etwas hatten. Das ist der Sinn der Kommunion. Keiner soll leer ausgehen. Jeden Sonntag in der Eucharistiefeier passiert ja dasselbe. Seit dem ersten Tag von Luzies Krankheit haben viele von denen, die heute hier sind geteilt. Zeit, Energie, Essen, Taschentücher, Stille, Umarmungen, Schweigen, Gebete, Kerzen, Hände und vor allem viel, viel Pragmatisches. Ihr habt auf Lara und ihren Vater aufgepasst. Ihr habt Lasten abgenommen, Wäsche gewaschen, seid einkaufen gegangen, habt Exel-Tabellen ausgefüllt. Ihr habt - mit Joseph Beuys gesprochen - eine Wärmeskulptur gebildet. Das hat nicht verhindert, dass Luzie kränker und kränker wurde. Das hat den Tod nicht abgehalten. Es hat aber etwas anderes gebracht: Trost, Wärme, Zusammenhalt, Gemeinschaft, Solidarität. Der Tod hat die Liebe in der Wärmeskulptur nicht töten können. Er hat gewütet und verletzt und hat ein schlimmes Werk getan. Aber er hat die Liebe nicht töten können. Ich bin voller Respekt dafür, was ihr in den letzten Wochen und Monaten geleistet habt. Nämlich das, was wir mit Lara und vielen von euch und vielen anderen sonntags auch gefeiert haben: Kommunion.

Heute haben wir das Evangelium gehört, dass ihr euch gewünscht habt. Der Schwiegervater hat es gerade vorgetragen. Es erzählt von etwas, das schwierig ist. Viel verlangt. Jesus bittet nämlich um Vertrauen. Und zwar in einem Moment, in dem die Menschen um ihn herum Angst haben und voller Schrecken sind. Es sind Menschen wie ihr es heute seid. Sie denken über etwas nach, was ihnen einen Schrecken einjagt: Was ist, wenn sie Gott nicht mehr spüren? Wenn er weg ist, weil sie nicht mehr mit Jesus rumziehen. Sie erzählen von dem Tag, der heute unser Tag, euer Tag ist: vom Tag des Schreckens, vom Karfreitag. Dem Tag, an dem sogar Gott allein ist und stirbt. Unvorstellbar. Dieser Tag ist heute. Es ist heute euer Moment. Der Schreckensmoment.

Und in diesem Moment bittet Jesus um Vertrauen. „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Und ich gehe hin, um einen Platz für euch vorzubereiten.“ Damit zaubert Jesus nicht den Schrecken und den Wahnsinn weg. Auch wenn wir uns alle das heute Morgen wünschen würden. Aber er sagt etwas anderes: Hinter dem Schrecken hält Gott stand. Kein Schrecken der Welt fegt ihn hinweg. Hinter dem Schrecken – die Wohnungen Gottes. Und für jeden ist eine dabei. Das ist so, wie mit dem Brot, das geteilt wird bis alle was haben.  

Aber das ist viel verlangt. In den Moment des Schreckens Vertrauen hinein zu legen. Darauf zu vertrauen, dass die Liebe Gottes weiter reicht als der Schrecken. Das ist viel verlangt. Und deswegen sind heute viele hier, die mit euch und für euch vertrauen. Alle, die euch in diesem Schrecken nicht allein lassen. Alle, die in den letzten Wochen schon gekocht, getröstet, gewaschen, Hände gehalten und Taschentücher gereicht haben – alle die mit euch und Ihnen Kommunion gehalten haben - sie haben jedenfalls Kunde gegeben von Gott und seinen Wohnungen.

Denn überall, wo einer Wäsche wäscht, Hände hält, Essen kocht, Tränen trocknet – da geht schon eine winzige Dachluke, ein kleines Fensterchen, eine kleine Tür von einer Wohnung Gottes auf. Das genau ist ja der Weg Jesu, von dem im Evangelium die Rede ist: Hände halten, Wäsche waschen, Tränen trocknen, Umarmen, Zuhören. Einen anderen Weg gibt es nicht, um Vertrauen zu säen in den Schrecken, der größer nicht sein kann. Einen anderen Weg gibt es nicht um einander von der Hoffnung zu erzählen, dass auch im großen Schrecken die Liebe wartet. Amen.

1 Kommentar:

  1. Nötig ist eine Erneuerung des Christentums im Sinne Rudolf Steiners. Mehr dazu auf meiner Internetseite (bitte auf meinen Nick-Namen klicken).

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