Es geht auch ohne euch
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Die Erziehung der Kinder solle auf jeden Fall christlich bleiben – das sei aber auch ohne die katholische Kirche möglich. Das sagen Eltern in Königswinter, nachdem die Stadt der katholischen Kirchengemeinde gekündigt hat und diese die Trägerschaft über einen Kindergarten spätestens im kommenden Jahr abgeben muss. Damit kann die nach katholischer Auffassung nicht mehr tragbare Leiterin des Kindergartens ihre Arbeit voraussichtlich fortführen. "Wo katholisch draufsteht, muss auch katholisch drin sein", hieß es von Seiten des Kirchengemeindeverbandes in einer Stellungnahme, die den Konflikt vor allem in merkwürdiger Weise personalisierte ("Ist eine einzige Person diesen Preis wert?") und moralisierte ("Diese hohe Auffassung von der Ehe kann die Kirche keinesfalls einer mehr und mehr liberalen Einstellung in unserer Gesellschaft anpassen. Sie würde mit dieser Anpassung den Menschen nur scheinbar helfen"). Insgesamt übrigens eine ambitionierte Argumentation: Das Steuer in der Hand halten und den Kurs bestimmen wollen - die Kosten aber allein der öffentlichen Hand aufbürden - auch wenn die der Regelung seinerzeit zugestimmt hatte.
Den katholischen Eltern war diese Auffassung offensichtlich einerlei,
während sich plötzlich die Kirche wie eine trotzige Verlassene geriert ("Ist man wirklich bereit, einem ganzen Kindergarten die Erziehung im Sinne der katholischen Werteorientierung auf Dauer wegzunehmen und den nachwachsenden Kindern vorzuenthalten?"). Ich habe recht - und ihr seid schuld und dumm zugleich, wenn ihr mir nicht folgt.
Sei´s drum: Es geht auch ohne dich - das ist die gleichermaßen selbstbewusste wie für die Institution prekäre Botschaft an die Zurückbleibende. Übrigens auch von gestandenen traditionellen Katholikinnen und Katholiken. Der Institution bleibt nur die Hülle einer selbstbehaupteten kulturellen Bedeutsamkeit, die sie aber nicht mehr belegen kann. Drohungen und Behauptungen reichen nicht mehr. Die Menschen - und längst nicht mehr nur die sogenannten Randständigen - glauben ihrer Kirche nicht mehr. Neu ist allerdings: Sie gehen nicht einfach weg, sondern organisieren sich selbst. Das kann auch für eine zurückbleibende Institution interessant sein, zeigt es doch, dass Menschen eine katholische Erziehung wichtig ist. "Es geht auch ohne euch" wäre jedenfalls eine für die Kirche verführerische, keinesfalls aber kluge Antwort.
Hans-Joachim Neubauer denkt in der aktuellen Christ und Welt-Beilage der "Zeit" Königswinter und Trier zusammen und kommt zu folgender Einschätzung:
AntwortenLöschen"Bisher sind (die Täter) oft genug von einem Korpsgeist geschützt worden, der wohl auch darauf beruht, dass die Kirche den Geistlichen die Familie ersetzt. Diese unbedingte Zusammengehörigkeit wird jetzt zum Problem. Die Kirche hat es mit einem markanten Widerspruch zu tun. Wer geschiedenen Mitarbeitern kündigt, die erneut heiraten, wer eine Erzieherin aus dem Dienst entfernt, weil sie sich von ihrem Ehemann trennt und mit einem neuen Partner zusammenlebt, schwingt eine sehr große moralische Keule. Was daran rechtmäßig ist, entscheiden die Gerichte (siehe Christ & Welt, 11/2012). Sicher jedoch ist: Die Kirche misst mit zweierlei Maß – sanft gegen sich, hart gegen die anderen. Wer es fassen kann, der fasse es.
Nichts gegen Milde, nichts gegen Nachsicht und Resozialisierung, doch solange ein zweites Jawort dienstrechtlich schwerer wiegt als die Vergehen eines verurteilten Triebtäters, muss die Kirche damit rechnen, missverstanden zu werden, wenn sie erklärt, im Interesse der Opfer zu handeln. In der Kirche als weltlicher Organisation gilt kein Sonderrecht."
aus: C&W 12/2012
http://www.christundwelt.de/themen/detail/artikel/ein-herz-fuer-taeter/
Pointiert kommentiert auch Joachim Frank:
AntwortenLöschen"Statt eines leuchtenden Zeugnisses für eheliche Treue und Beständigkeit familiärer Beziehung steht „Mutter Kirche“ immer mehr als vernagelte, unbarmherzige Gouvernante da. Das kann nicht ohne Folgen für die Glaubwürdigkeit ihrer Botschaft bleiben. „Man erteilt einer Zeit keine Lektionen, man hat ihr nichts mitzuteilen, man kommuniziert nicht mit ihr, wenn man ihre Standards krass unterbietet“, warnt der Frankfurter Dogmatiker Knut Wenzel."
Quelle:
http://www.ksta.de/html/artikel/1332251588635.shtml