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Mittwoch, 20. September 2023

Diese Kirchenleitung hat keine Macht über uns

Foto: Maria Mesrian
Wir verschleiern mit diesem Segen heute nicht, dass die Lehre der katholischen Kirche zutiefst homophob ist. Mit dieser Haltung trägt sie weltweit dazu bei, dass sich queere Menschen ihres Lebens nicht sicher sind. Ihr alle zeigt heute, dass euch Gewissen wichtiger ist als Gehorsam, dass ihr der Angst keinen Raum mehr gebt. 

Von Maria Mesrian

„Du sollst ein Segen sein!“ Dieser Satz aus dem Buch Genesis ist der Taufspruch eines meiner Kinder. Ihr alle seid euch heute gegenseitig ein Segen gewesen und das ist es, was die Welt braucht und was sie zusammen hält.

Mein Respekt gilt allen, die heute hier sind: Den hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die Gesicht zeigen und allen, die den Weg auf sich genommen haben, um auf diesem Platz vor dem Kölner Dom zu zeigen: Wir brauchen nicht die Macht und die Herrlichkeit, den Prunk, die teuren Immobilien, die Dienstwagen und auch nicht den Segen einer solchen Kirche. Wir setzen der Kaltherzigkeit, der Enge und den Lügen etwas entgegen: Die klerikale Machtelite mag de facto über viel Geld und deshalb über Macht verfügen.

Aber was ist das für eine armselige Macht! Eine Kirchenleitung, selbst zutiefst korrumpiert und verstrickt im Missbrauchskomplex, verbietet ihren Mitarbeitern die Liebe zwischen Menschen zu segnen. Dabei ist doch schon jede Liebe
gesegnet, weil die Liebe doch der Segen ist. Hier oben wurde vor zwei Jahren ein Gitter gesegnet. Was für ein Symbol! Gitter und Zäune sind diesen Männern heilig und segenswürdig - die Liebe zwischen Menschen nicht. Ja, sie brauchen diese Gitter, damit sie ausgrenzen und ausschließen können, was nicht in ihre kleinen Geister passt. Wie erbärmlich ist es, einen Priester abzumahnen, weil er die Liebe zwischen Menschen segnet. Was bedeutet es, dass dieser Mann um seine Existenz fürchten muss, weil er menschlich gehandelt hat. Ich könnte keinen Tag mehr in den Spiegel schauen, wenn ich auch nur einem einzigen Menschen, der um meinen Segen bittet, diesen verweigern würde und so geht es vermutlich allen, die hier sind. Es gibt keine einzige Stelle
im Evangelium, in der Jesus jemanden ausschließt oder abweist. Mit welchem Recht tut es diese Kirchenführung ob in Köln oder in Rom? Wer der Liebe den Segen abspricht, hat endgültig den Boden des Evangeliums verlassen, auf dem sie verankert sein sollte.

Bei vielen Menschen, die in dieser Kirche beschäftigt sind, hatten sich Angst und Resignation breit gemacht. Angst war der Kitt, der noch zusammengehalten hat. Aber diese Angst ist weg. Das zeigt alle Mitarbeiterinnen die heute hier sind.
Es mag in Köln schlimmer sein als in anderen Diözesen. Aber Köln ist nur ein Brennglas, das deutlich zeigt, welche fatalen Auswüchse unkontrollierte Bischofsmacht haben kann: Zehntausende Austritte, ausblutende Gemeinden, eine Vernichtung von Glaubensräumen - und das alles ausgeführt von einer Handvoll geweihter Männer gegen eine Mehrheit von Menschen, von denen auch heute viele hier sind: Menschen, die täglich in Krankenhäusern, Gemeinden, Schulen und Flüchtlingsheimen einen wichtigen gesellschaftlichen Dienst leisten. Die das leben, was uns als Menschen und als Christen ausmachen sollte: Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Wir sind die Kirche - ohne materielle Macht, ohne Dienstwagen ohne prachtvolle Gewänder, ohne Pontifikalämter. Seid euch dessen bewusst! Diese Kirchenleitung hat keine Macht über uns.

Wir verschleiern mit diesem Segen heute nicht, dass die Lehre der katholischen Kirche zutiefst homophob ist. Mit dieser Haltung trägt sie weltweit dazu bei, dass sich queere Menschen ihres Lebens nicht sicher sind. Dass eine Institution in Deutschland, die von allen Privilegien eines demokratischen Rechtsstaates profitiert, die sich von diesem Staat alimentieren lässt, eine solche menschenfeindliche Haltung als Doktrin hat, von der Diskriminierung von Frauen gar nicht zu sprechen, darf uns als Bürgerinnen und Bürger und als Katholikinnen und Katholiken nicht kalt lassen. Und es ist eine
klare Ansage an die Politik: Mit dieser Kirche ist kein Staat mehr zu machen. Sie hat sich selbst ihre Legitimation genommen. Ihr alle zeigt heute, dass euch Gewissen wichtiger ist als Gehorsam, dass ihr der Angst keinen Raum mehr gebt. Ihr folgt schlicht und ergreifend dem, was im Evangelium grundgelegt ist und uns zu Menschen macht: Einander Segen zu sein. 

Von Köln geht heute das klare Zeichen aus: Kein Mensch darf aufgrund seiner sexuellen Identität oder wegen seiner Lebensführung gedemütigt, ausgeschlossen und diskriminiert werden. 

Nicht in unserem Namen.

Rede anlässlich des Segnungsgottesdienstes für queere Paare am 20. September 2023
in Köln. Maria Mesrian ist Vorstandsmitgied von Umsteuern e.V.

3 Kommentare:

  1. Mitschnitt der Rede hier:
    https://youtu.be/FtMyn2Qva10?si=NiyBIFSBsoJrhOcv

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  2. Eine christlich-konservative Haltung ist zu befürworten; aber ein bibeltreuer christlicher Fundamentalismus ist abzulehnen. Nötig ist ein schamanisches und pantheistisches Christentum. Bitte googeln: Freichristlicher Schamanismus

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  3. Ein weitaus stärkers Signal ging von den zahlreichen gläubigen Katholiken aus, die zur gleichen Zeit dieser schismatischen Veranstaltung im Dom die Hl. Messe gefeiert und dabei ganz bewußt für Kardinal Woelki gebetet haben, damit er den kath. Glauben kraftvoll verteidigt!

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