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Samstag, 11. April 2020

Nichts zu suchen

Verschlossene Kirchen - leere Gräber.
Die Frauen, die von der Sorge um die Erfüllung religiöser Pflichten zum Grab geführt wurden, müssen erkennen: Wir sind am falschen Ort!


Gedanken zum diesjährigen Osterfest von






Foto: Peter Otten
von Hans-Joachim Höhn

„Sie haben hier nichts zu suchen!" Mit barschem Ton gehen zwei Ordnungskräfte auf eine Gruppe von Menschen los, die am Rheinufer zusammen stehen. Unmissverständlich machen sie ihnen klar, dass sie am falschen Ort sind.Es ist Corona-Zeit. Behördliche Maßnahmen zur Reduzierung von Kontakten sollen die Virusübertragung eindämmen. Es gibt keine öffentlichen Orte mehr, an denen mehr als zwei Personen etwas zu suchen haben. „Machen Sie, dass Sie hier wegkommen!“ Wer sich dagegen sträubt, erhält eine Anzeige und muss sich auf einen Bußgeldbescheid einstellen.

„Was haben Sie hier zu suchen?“ – Diese Frage wird missverstanden, wenn man auf sie mit der Angabe eines verlorenen Gegenstandes antwortet. In Wahrheit geht es um eine fehlende Aufenthaltsberechtigung. Es geht um die Legitimation, sich an einem Ort einzufinden, der nur besonders befugten Personen zugänglich ist. Vor solchen Orten sind Warnschilder angebracht. Sie verkünden in großen Buchstaben: „staff only“ oder „Privatbesitz. Kein Durchgang!“ Wer solche Warnungen ignoriert, macht Bekanntschaft mit Objekt- und Personenschützern. Über ihren Auftrag klärt ihre Uniform auf: „Security“.

Ich stelle mir vor, wie in der Osternacht viele Christen vor verschlossenen Kirchentüren stehen. Sie können es nicht fassen, dass sie hier nichts mehr zu suchen haben. Manche wehren sich dagegen, dass die staatliche Obrigkeit ihnen die Berechtigung zum Betreten eines Gotteshauses bestreitet. Woher nimmt sie die Legitimation für diese Verweigerung? Sollte man sich über sie hinwegsetzen – zumindest am höchsten Fest der Christen? 

„Wen sucht Ihr?“ – „Quem quaeritis?“ Drei Frauen, die nach der Kreuzigung Jesu unterwegs zu seinem Grab sind, müssen sich diese Fragen stellen lassen. Auch jetzt geht es um den rechten Ort und die Berechtigung, ihn aufzusuchen. Anders gesagt: Es geht um die Frage, wo der rechte Ort ist, um Jesus um Gottes willen einen letzten Dienst zu erweisen. Aber dieser (Gottes)Diensterweis kommt nicht mehr zustande. Ihn zu erfüllen, bleibt den drei Frauen versagt.

Ein Engel Gottes kommt ihnen zuvor: „Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden. Er ist von den Toten auferstanden. Siehe, er geht Euch voraus.“ (Mt 28,5-7). Die Frauen, die von der Sorge um die Erfüllung religiöser Pflichten zum Grab geführt wurden, müssen erkennen: Wir sind am falschen Ort! Der Engel Gottes erteilt ihnen sogar einen Platzverweis. Hier, am Rand eines leeren Grabes, können und dürfen sie nicht bleiben. Hier haben sie nichts mehr zu suchen. Hier ist kein Kontakt mehr möglich mit dem, den sie vermissen. Sie sollten machen, dass sie hier wegkommen.

Wie wäre es, wenn in der Osternacht alle verschlossenen Kirchentüren eine Aufschrift mit diesem Text erhalten: „Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden. Er geht Euch voraus.“


Hans- Joachim Höhn, Dr. Theo., geboren 1957; Professor für Systematische Theologie und Religionsphilosophie an der Universität zu Köln. Er hat diesen Text als Ostergruß für die Karl-Rahner-Akademie in Köln geschrieben.

1 Kommentar:

  1. Heilige Messen sind überflüssig. Spirituelles Heilen und Mystik müssen gefördert werden. Mehr dazu auf meiner Internetseite (bitte auf meinen Nick-Namen klicken).

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